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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Nightwish - "Dark Passion Play"



Simon
19.12.2007, 20:39
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Was wurde seit dem Rausschmiss von Tarja Turunen nach der Tour 2005 über Nightwish spekuliert, gemutmaßt und - vor allem von der Klatschpresse - sich das Maul zerissen. Wird die Band auch ohne die charismatische Frontfrau mit der Opernstimme bestehen können oder hat das Phänomen Nightwish, das seit dem Album "Once" (2004) einen immer größeren Erfolg verbuchen konnte, seine letzten Sekunden der berühmten 15 Minuten Ruhm erlebt?
Diese Frage verstummte selbst dann nicht, als am 24.05.2007 Anette Olzon offiziell als neue Stimme von Nightwish vorgestellt wurde; im Gegenteil: die Frage, wie sich Nightwish anno 2007 ohne den Operngesang von Frau Turunen anhören mögen schien wie ein Damoklesschwert über der Gruppe zu schweben und mit dem neuen Album "Dark Passion Play" entweder zu stehen oder zu fallen.

Es fällt nicht. Mit dem neuen Opus zeigen Keyboarder und Bandchef Tuomas Holopainen, Gitarrist Emppu Vuorinen, Drummer Jukka "Julius“ Nevalainen und Bassist Marco Hietala, dass sie sich weder von einer Trennung noch von dem öffentlichen Rummel verrückt machen lassen.
Das neue Material klingt noch immer zu 100% nach Nightwish, die Handschrift von Herrn Holopainen lässt sich zu jedem Zeitpunkt erkennen, auch wenn man den Eindruck gewinnen kann, dass der gute Mann sich vor dem Komponieren der neuen Stücke den härteren Gefilden der Musik zugewandt hatte. War bis dato "Dark Chest Of Wonders" (Opener von "Once") der wohl härteste Song der Bandgeschichte, so nimmt diesen Part jetzt das kompromisslose "Master Passion Greed" ein, das - zum ersten Mal bei Nightwish - komplett von Basser Marco Hietala gesungen - oder besser gesagt gebellt.
Und wo wir grade bei dem bärtigen Tieftöner sind: seine Parts haben sich ebenfalls beinahe exponentiell vergrößert, ebenso wie zum ersten Mal nicht nur Herr Holopainen die Songs komplett allein geschrieben hat. So stammt beispielsweise das beschwingte "Whoever Brings
the Night" aus der Feder von Saitenhexer Emppu Vuorinen und das sehr folkige "The Islander" wurde von Marco Hietala verfasst.
Das größte Novum an dem Album ist aber natürlich allen voran die neue Stimme in den Songs. Und man muss sagen: es drängt sich einen der Eindruck auf, dass die 13 Songs von "Dark Passion Play" bereits auf die rockige Stimme von Frau Olzon zugeschnitten worden wären. Wo die Download-Single "Eva" als Ballade einen eher schwachbrüstigen Ersteindruck auf die restlichen Songs gegeben hatte, zeigt die Südschwedin in der offiziellen Single "Amaranth" ihr stimmliches Potential. Die zierliche Dame - der man optisch natürlich eine gewisse Ähnlichkeit zu ihrer Vorgängerin nachsagen kann - erreicht zwar keine stimmlichen Höchstlagen, doch die würden solch' dramatischen Songs wie der opulente Opener "The Poet and the Pendulum", der rockigen Single "Amaranth", "Sahara", das dramatische "7 Days to the Wolves" oder der bombastische Rausschmeißer "Meadows of Heaven" nicht gut zu Gesicht stehen.

Natürlich sind die Leistungen der Vergangenheit durch ein großartiges Album - was "Dark Passion Play" nunmal trotz aller Zweifel im Vorfeld dennoch geworden ist - nicht auszugleichen, doch die Band hat bewiesen, dass sie sich durch eine Kriese nicht ins Boxhorn jagen lässt und weiterhin in der Lage ist, großartige Musik zu schreiben.
Nun bleibt den ewigen Kritikern und Zweiflern einzig die Live-Umsetzung der alten Songs abzuwarten, die von den Fans sicherlich gefordert werden. Bis dahin kann man sich ruhig mit "Dark Passion Play" mal wieder in das mannigfaltige Klanguniversum von Nightwish entführen lassen.

Trackliste

1. Poet and the Pendulum (13:54)
2. Bye Bye Beautiful (04:14)
3. Amaranth (03:51)
4. Cadence of Her Last Breath (04:15)
5. Master Passion Greed (06:02)
6. Eva (04:25)
7. Sahara (05:47)
8. Whoever Brings the Night (04:18)
9. For the Heart I Once Had (03:56)
10. Islander (05:06)
11. Last of the Wilds (05:40)
12. 7 Days to the Wolves (07:04)
13. Meadows of Heaven (07:10)

Viddy Classic
19.12.2007, 21:42
Joa, einiges trifft doch den Nagel durchaus auf den Kopf - ich bin zwar selbst nicht so umgehauen vom Album, wurde aber positiv überrascht, wie ordentlich und vor allem wie leicht ersetzbar Tarja doch war/ist - was ja im Vorfeld schon heiß diskutiert wurde und sich auch bewahrheitet hat.

Solides Album, definitiv. Zwar bleibt mir kein Kopf so hängen, wie etwa "Stargazers" oder "End Of All Hope" aber ein positiver Eindruck bleibt definitiv!

Gute Review :)

faucon
22.12.2007, 11:46
[...]wie leicht ersetzbar Tarja doch war/ist - was ja im Vorfeld schon heiß diskutiert wurde und sich auch bewahrheitet hat.

Nun ja, als "leicht ersetzbar" würde ich es jetzt nicht gerade bezeichnen. Das neue Album ist zwar mMn zweifelsohne gut, aber eben auf eine andere Weise als die alten Alben. Nightwish hat denke ich alles richtig gemacht, was sie hätten machen können. Den alten Gesang mit neuer Stimme nachzuahmen wäre wohl gnadenlos schief gegangen. Aber Tarja konnte einfach verdammt gut singen und daher finde ich den Zwangswechsel sehr schade - vorallem wenn man sich anhört, was Tarja mittlerweile für einen - in meinen Ohren - Mist produziert.

Ach ja: Das Review ist btw sehr gelungen :)