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Thema: Charaktervielfalt in Makerspielen

Hybrid-Darstellung

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  1. #1
    In einer Beziehung hängt der Anklang eines Spiels ganz fundamental von der Wahl seiner Spielfigur ab. Die Figur ist halt das Werkzeug, mittels dessen ich im RPG spiele – genauer gesagt: überhaupt spielfähig bin. Über die Fähigkeiten der Figur wird die interaktive Komponente vermittelt, also die ludisch-perfomativen Funktionen definiert, die dem Spieler zur Verfügung stehen.
    Wenn mir ein sogenannter diverser Charakter Spielmöglichkeiten nimmt, kann er als schlechtere Figur betrachtet werden.

    Wenn ich als Beispiel einen schwulen Behinderten verwende und abgleiche, welche Möglichkeiten ich mit einem solchen Charakter innerhalb des gewöhnlichen Klassensystems eines Rollenspiels habe, fallen mir schnell die Beschränkungen auf. Magier geht zwar, aber bei klassischen Nahkampffertigkeiten stoße ich mit so einer Figur schnell an Grenzen, welche Spielfunktionen ich überhaupt anbieten könnte.
    Auch in narrativer Hinsicht wird so eine Figur tradierte Erwartungen nicht erfüllen. Der klettert halt nicht auf den Balkon und erobert das Herz der Prinzessin.

    Das kann man alles kompensieren. Dafür benötigt es nur Ideen. Beispielsweise kann der Rollstuhlfahrer zum Nahkämpfer gemacht werden, indem er ein fieses Gefährt mit Sichelsäbelrädern in den Kampf führt. Beispielsweise kann der Schwule Romanzen erfahren, indem er Liebesgeschichten anderer Art erlebt. Insofern kann man die abweichende Spielfigur gern als zusätzlichen Ansporn betrachten, um ein Spiel abseits der schon oft gegangenen Pfade zu entwickeln. Körperliche Behinderungen dürften sich wohl wesentlich einfacher spielerisch verwirklichen lassen, da die meisten Spielfiguren wesentlich weniger in ihrer Umwelt anstellen können, als es ein echter Mensch vermöchte. Die Optionsdifferenz deklariert man dann einfach als die Behinderung der Figur.
    Nur muss es eben auch jemanden geben, der so etwas spielen möchte. Für einzelne große Spiele mit einem Millionenpublikum lohnt ein dezidiert homosexuelles Zusatzangebot, wie der Erfolg der ursprünglichen "Mass Effekt"-Reihe sowohl in der Berichterstattung wie auf dem Firmenkonto zeigt. Die Frage, ob man es sich leisten könnte, dem Publikum ausschließlich einen schwulen Protagonisten anzubieten, stellt sich in der RPG-Maker-Szene nicht. Einem hiesigen Entwickler kann schlimmstenfalls Desinteresse widerfahren. Millionensummen werden hier nicht in den Sand gesetzt. Wenn es bislang keine Flut an interessanten schwulen Helden in RPG-Maker-Spielen gibt, existieren vermutlich einfach nicht genügend an solchen Aspekten interessierte Entwickler.

  2. #2
    Zitat Zitat
    Wenn es bislang keine Flut an interessanten schwulen Helden in RPG-Maker-Spielen gibt, existieren vermutlich einfach nicht genügend an solchen Aspekten interessierte Entwickler.
    Und das wirft wieder eine neue, interessante Frage auf, nämlich warum das so ist. Man muss nur aufpassen, dass daraus keine Gretchenfrage wird, denn die würde ich hier nicht stellen. So berechtigt es ist, Toleranz gegenüber Homosexuellen einzufordern - Interesse kann man nicht einfordern.

    Das (mögliche) Desinteresse der Spieler richtet in der Maker-Szene zwar keinen materiellen Schaden an, aber einem ideellen Schaden möchten die meisten sicher auch aus dem Weg gehen. Doch es stimmt natürlich, dass die Entwickler hier mehr kreative Freiheiten haben.

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