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  1. #1

    Der Staudamm der Seele

    Zu dem folgenden Thema kam ich nach der Lektüre einiger älterer Threads, die mir Vio zeigte. Dort ging es um Menschen, die es bedauern sich nicht offen aussprechen oder anvertrauen zu können.
    Ich war sehr lange Zeit meines Lebens sehr introvertiert und habe manchmal wochenlang nicht mehr als ein "Hallo." oder "Wann gibt's Essen ?" rausgebracht. Dieser Zustand existierte bereits bevor meine Erinnerung einsetzt und löste sich erst langsam nach der Pupertät auf. Mir ist nicht wirklich bewußt, wann es anfing. Aber ich habe mich sehr verändert zu dem stillen Mädchen, dass ich einmal war.
    In meinen Augen ist das keine Verbesserung.
    Da ich in den letzten Tagen sehr viel über mich und meine Vergangenheit nachdenken musste, kam mir heute ein recht passender Vergleich. In sich gekehrten Menschen wird vorgeworfen, dass sie eine Mauer um sich errichtet haben. Vielleicht sollte man dieses Bild abändern und es wie einen Staudamm beschreiben. Dahinter liegt als Stausee die Seele, die sich mit jedem Tag, nach jedem Erlebniss füllt. Als Schleußen könnte man jetzt alle Möglichkeiten nehmen, mit denen sich ein Mensch auszudrücken vermag. Bilder, Musik, Schriften oder eben Gespräche.
    Was aber ist, wenn der Damm nicht wirklich solide war, keine oder zuwenig Schleußen vorhanden sind oder der See sich zuweit aufgestaut hat ?
    Ich habe das Gefühl, dass mein Damm irgendwann in den letzten drei Jahren einfach gebrochen ist. Risse hatte er zwar vorher schon, aber etwa ab der Zeit vor sechs Jahren ist soviel passiert, dass das Mauerwerk nicht standhalten konnte, vermutlich auch weil ich keinen Anlass mehr hatte es zuerhalten. Ich wurde von einem Ort zum Nächsten geschwemmt und lernte viele neue Menschen kennen, die mit den spießigen Kleinstadtbürokraten meines Heimatortes nicht viel gemeinsam hatten.
    Vielleicht weil ich auch das erste Mal nicht Zuhörer sondern Erzähler sein durfte. Und dann, fast unmerklich über Nacht, sprengte der Druck die instabil gewordene Barriere weg. Jetzt stehe ich vor dieser klaffenden Wunde meiner Verteidigung und weiß nicht, was ich tun soll.
    Ich habe, passend zum bildhaften Vergleich, drei Lösungsmöglichkeiten gefunden:

    1. Man könnte die Mauer wieder hochziehen und sogar gegenüber der Ersteren verbessern. Dazu müsste man aber den herrschenden Fluss umleiten und das Ergebniss wäre wieder eine graue, häßliche, sterile und nichtssagende Wand.

    2. Man könnte Steine anschleppen und in die Bruchstelle werfen. Das ist mühseelig und kraftraubend. Ausserdem wäre das Ergebnis nicht stabil, es würde überall etwas durchsickern, falls man überhaupt genug Steine zum stopfen finde. Und wenn der See dahinter wieder hoch genug angefüllt ist, werden die obersten Steine weggeschwemmt und die Arbeit beginnt von vorne.

    3. Man könnte aber auch einfach alles, was sich in zwei Jahrzehnten angestaut hatte, laufen lassen, bis der reißende Strom nur noch ein dünnes Rinnsal geworden ist. Ich werde allerdings kaum betonen müssen, wie zerstörrerisch ein Dammbruch ist. Dort, wo er geschah und den gesamten Flusslauf abwärts.

    Ich für meinen Teil werde wohl bei Variante drei bleiben.

    Aber wie sieht es bei Euch aus ?
    Wie steht es um Euren Damm ?
    Gab es überhaupt je einen ?
    Versteckt er sich hinter Efeu oder hat er ein gut funktionierendes Schleußensystem ?
    Pflegt ihr ihn oder versucht ihr ihn einzureißen ?
    Bzw. seid ihr dabei, eines von beiden zu machen, obwohl ihr genau das Gegenteil anstrebt ?
    Oder sitzt ihr einfach nur am Rand des Sees und beobachtet, was passiert ?
    Was, glaubt ihr, fließt überhaupt in den See rein ? Nur die eigenen Erfahrungen oder auch das Erzählte Anderer ?
    Wieviel muss rausfließen, damit nichts überlaufen kann ?
    Was sind Eure Schleußen und wie wirkungsvoll sind sie ?
    Und, letzte Frage, hat noch jemand einen Dammbruch miterlebt ? ^^

  2. #2
    Das nenn ich mal einen Vergleich O_o

    Wenn ich neue Leute kennenlerne, rede ich meistens vorerst garnichts. Ein Hallo hier ein Guten Morgen da, das wars aber auch schon. Liegt wohl daran, das ich möglichst niemandem negativ auffallen will. Ich hasse es gehasst zu werden. Ganz anders ist es mit den Leuten, die ich bereits lange und gut kenne. Mit denen kann ich meistens über etwas reden und wenn mir mal etwas nicht passt, dann sage ich es ihnen auch.

    Ich hoffe ich schaffe es irgendwann, auch mit neuen Leuten gut auszukommen

    Zitat Zitat
    Als Schleußen könnte man jetzt alle Möglichkeiten nehmen, mit denen sich ein Mensch auszudrücken vermag. Bilder, Musik, Schriften oder eben Gespräche.
    Oder GFX-Battles, die man nicht gewinnen kann ^^


    Ich persönlich warte einfach drauf, das das Problem sich von selbst löst.Ich war ´früher auch freunde´n gegenüber sehr verschlossen, doch es hat sich wirklich drastisch gebessert. Wenn abwarten deine 3.Auswahlmöglichkeit ist, so wähle ich ebenfalls diese.

  3. #3
    mhh gefällt mir sehr das thema.

    also ich selber sehe ich mich als derjenige der vor dem see sitzt und einfach zuschaut.

    zum see:

    also ich glaube auch das eben eigene erfahrungen und die anderer reinlaufen. ich glaub auch das emotionen dabei was ändern können, z.B. wut könnte sich wie ein sturm auf den see auswirken man ist ja oft verwirrt und hat eigentlich dann nur das eine im kopf was man mit der wut verbindet.

    ich glaub nicht das es sowas wie einen damm gibt ich halte das mit den emotionen so, wie oben beschrieben können manche erfahrungen schänden hinterlassen die erst mit der zeit heilen.


    zum damm nochmal, es gibt bestimmte zeitpunkte wo die schleußen geöffnet werden und eben das "wasser" abläuft was überflüssig bzw. nun verarbeitet wurde.ich rate dir es langsam zu versuchen, bau den damm ( falls du ihn nicht haben willst ) langsam ab, dazu brauchst du eine menge zeit und auch ruhe, agressionen und trauer machen diesen damm nur noch stärker, deswegen solltest du vielleicht mehr die sachen gelassener angehen, zu der 3. variante, das umfeld des sees wir eindeutig mit reingezogen, dieses umfeld sind deine mitmenschen, famillie und freunde , das könnte für dich und denen eine harte zeit werden wenn du alles aufeinmal rauslässt, ich bleib bei der meinung das der natürliche lauf des sees am besten ist !

  4. #4
    Ich finde es ein guter Vergleich, das mit dem Staudamm. Mir geht es sehr ähnlich, auch ich habe so eine Art Staudamm um die Seele gebaut. Ich bin sehr vorsichtig und vorallem misstrauisch gegenüber anderen Menschen, ich habe Mühe jemanden zu vertrauen und ehrlich gesagt finde ich das gut, denn dann kann man mich nicht übers Ohr hauen. Vielleicht bin ich ja gerade deswegen so, weil ich zuviel gesehen habe, wie Leute von Scharlatanen und Lügnern reingelegt wurden.

    Des weiteren finde ich es von Vorteil, zuerst zu beobachten und dann zu handeln. Und vorallem möchte ich nicht, dass andere Leute mich "lesen" können, ich will undurschaubar erscheinen und gleichzeitig die anderen durschauen, denn dadurch gewinne ich einen Vorteil gegenüber meinen Mitmenschen.

    Interessanterweise bin ich nicht introvertiert, weil ich mich schwächer gegenüber meiner Umwelt fühle, sondern weil ich mich eben stärker fühle. Viele Leute haben das Gefühl, wenn sie mir begegnen, dass ich kein Interesse an Menschen zeige, sondern nur das Ziel vor Augen habe, also extrem sachorientiert bin. Das hat übrigens auch mein Persönlichkeitstest ergeben, wonach ich eine gewissenhaft-dominante Persönlichkeit bin (ich schaffe gerne alles bis ins Detail aus und überprüfe alles, doch gleichzeitig will ich selber alles kontrollieren).

    Kontrolle ist so ein weiteres Stichwort, wieso ich introvertiert bin. Ich will die Kontrolle haben, über mich selber und meine Umwelt. Gefühle sind etwas, das man nicht kontrollieren kann, mein Verstand hingegen, der ist logisch und kontrollierbar. Deshalb habe ich Mühe, Gefühle zu zeigen, denn sie zeigen etwas und dadurch habe ich einen Teil meiner Kontrolle verloren. Das bedeutet also, dass ich sehr selbstdiszipliniert bin.

    Interessanterweise wäre ich gar nicht so introvertiert, dies ist eine Maske, die ich anderen Menschen gegenüber aufsetze, um eben die Kontrolle zu behalten. Das ich eigentlich gar nicht introvertiert bin, wie ich mich gebe, merkt man vorallem dann, wenn ich etwas erkläre. Ich liebe es, Dinge zu lehren und zu erklären, ich liebe es, wenn ich jemanden etwas beibringen kann und so dazu beitragen kann, dass sein Wissen und sein Verständnis sich vergrössert.

    Also könnte man wirklich von einem Staudamm reden, denn meine Introvertiertheit ist künstlich und nicht natürlich, genauso wie ein Staudamm künstlich ist. Dass der Staudamm bricht, habe ich in den letzten Jahren sehr gut gemerkt, weil ich immer mehr bemerkte, dass die anderen Menschen und meine Umwelt nicht unbedingt meine Feinde waren. Ich hatte immer im Glauben gelebt, die ganze Welt sei gegen mich, ich war unglaublich pessimistisch und überkritisch und extrem aggressiv und kämpferisch. Das hat sich verändert, doch habe ich versucht, immer noch kritisch und hinterfragend zu bleiben, was von mir aus gesehen ein Vorteil ist. Auch meine Kämpfernatur habe ich nicht verloren, denn das ist wirklich etwas natürliches an mir, etwas das mir "in die Wiege gelegt wurde".

    Eine wichtige Schleuse war für mich das Schreiben und ich glaube, damit hat der Damm auch zu brechen begonnen. Denn um wirklich gut schreiben zu können, musste ich mich wohl oder übel mit den Menschen befassen, um sie verstehen zu können und dann über sie zu schreiben. Und das war das Ende meines Staudamms

  5. #5
    Zitat Zitat
    In sich gekehrten Menschen wird vorgeworfen, dass sie eine Mauer um sich errichtet haben.
    Irgendwie stellst du das so dar, als ob das ein aktiver Prozess wäre; kann es nicht sein, dass man Menschen von Natur aus (also genetisch) introvertiert sind und diese Introvertiertheit sich durch das jeweilige Umfeld verstärkt oder nur schwach zum Vorschein kommt?
    Und in gewissen Maßen ist jeder Mensch introvertiert, wenn es um persönliche Dinge geht, bei denen er verletzbar wäre.

    Also ich habe auch meiner Introvertiertheit den Kampf angesagt, aber dieser Kampf ist in letzter Zeit immer mehr verschwunden, da ich immer mehr mit meiner jetzigen Situation zufrieden bin; zwar habe ich keine offene Art auf Menschen zuzugehen, aber ich denke, ich brauche das gar nicht. Man sollte meiner Meinung nach, die Menschen auswählen, mit denen man offener über sich selbst spricht und zu viele Personen zu kennen, bringt den Umstand mit sich, dass man fast jeden von ihnen eine gewisse Zeit widmen muss, aber Zeit ist kostbar.
    Der Damm ist bei mir aufgebrochen und hat sich nach kurzer Zeit wieder aufgebaut, weil ich eigentlich nie einen offenen haben wollte.
    Ich habe sehr gute Menschenbilder und Weltbilder (ist analog zu Menschenbild, also Vorstellungen von der Welt), mit denen finde ich mich gut zurecht und sie verschaffen mir keine allzu großen emotionalen Aufrüttler.

  6. #6
    Ich persönlich bin inzwischen zu der Meinung gelangt, das Menschen sehr okkulte Wesen sind. Sie umhüllen sich mit einer großen Dunkelheit um zu verbergen, was ihnen an ihrem Wesen aus dem einen oder anderen Grund peinlich ist und lassen Licht nur auf jene Punkte fallen, deren Offenbarung ihnen vorteilhaft erscheint.
    Die Vernunft, die Angst und der Anstand gebieten dies, denn fast niemand sieht es gerne, wenn man anfängt seine eigenen Gedärme auf seinen Tisch zu kotzen, selbst wenn er sich an gelegentlichen geistigen Rülperen erfreuen kann.
    Aber so ist das Leben nun mal, selten wird man jemand finden der bereit ist, bis auf den Grund der Dunkelheit zu blicken und sich eines Urteils zumindest vorzuenthalten, und sei es allein das er Einblick in ein genau abgezirkelten Bereich erhalten hat. Die vollkommene Offenbarung einer anderen Person als sich selbst gegenüber muss ich mit meiner Erfahrung für eine Legende wenn nicht für ein Ding der Unmöglichkeit halten. Niemand außer die schwärmerische Jugend sucht IMO eine andere Person "Wie sie ist" sondern immer nur eine Person, die einem gewissen Bild entspricht und die gewisse geistige und/oder körperliche Bedürftnisse erfüllen kann. Bedenkt man, das schon die Alten ihrem Klientel empfahlen, sich mit würdigen Menschen zu umgeben, scheint mir dies keine schlechte Einstellung zu sein (Natürlich nach Abzug dessen, das die alten Philosophen solche Dinge auch sagten, um im Kreise ihrer Gönner verbleiben zu können ).

    Im Sinne des Damm-Metaphers bin ich wohl jemand, der für ausreichende Drainage sorgte nachdem er genug von den ständigen Überschwemmungen hatte. Ich selbst sehe aber inzwischen ein, das nur ich und meine unbegründeten Ängste und angelernten Trägheiten mich von einer anderen Lebensart abhalten und ich habe mich dem Weg des geringeren Widerstandes folgend entschieden diesen zumindest noch so lange zu folgen, bis ich mein Ego weit genug aufgebaut habe.

    Wenn ich neue Menschen kennenlerne, so tue selbst ich erst nach einer längeren Beobachtunsphase meinen ersten Schritt. Ich möchte abschätzen, ob die weitere Annäherung für mich überhaupt Sinn macht. Wenn man allerdings auf mich zukommt, blocke ich auch nicht ab und lasse mich zumindest auf ein Gespräch ein auch wenn daraus nichts tieferes entstehen wird.
    Momentan ist auch mein Menschenbild positiv, das dürfte aber auch daran liegen das ich die Pflichtschulen hinter mir habe und nicht mehr gezwungen bin mich tagtäglich mit irgendwelchen unangenehmen Zeitgenossen herumzuschlagen.

  7. #7
    Zitat Zitat
    Momentan ist auch mein Menschenbild positiv, das dürfte aber auch daran liegen das ich die Pflichtschulen hinter mir habe und nicht mehr gezwungen bin mich tagtäglich mit irgendwelchen unangenehmen Zeitgenossen herumzuschlagen.
    Amen. Ich hätte nie gedacht, dass das Ende der Schulzeit so befreiend sein könnte.

    Einen Dammbruch (ich hab gehört, sowas soll verdammt schmerzhaft sein ) im Sinne der Metapher hatte ich, soweit ich mich erinnern kann, noch nicht. Von Zeit zu Zeit gibt es Personen, die als Auffangbecken für die größeren Schleusungen dienen - sowas tut gut, kommt aber nicht allzu häufig vor.
    Anderen Menschen gegenüber bin ich, je nach Laune, entweder total verschlossen oder unverhältnissmässig offen. Was jetzt besser ist, ist von Fall zu Fall verschieden, man kann sich über beides ärgern ^^
    Ich glaube daher auch nicht, dass es notwendig ist, den Damm einzureissen, meiner Meinung nach reicht es, die Kontrolle über ihn zu haben

    Zitat Zitat
    Ich selbst sehe aber inzwischen ein, das nur ich und meine unbegründeten Ängste und angelernten Trägheiten mich von einer anderen Lebensart abhalten und ich habe mich dem Weg des geringeren Widerstandes folgend entschieden diesen zumindest noch so lange zu folgen, bis ich mein Ego weit genug aufgebaut habe.
    Das Ego lässt sich sehr viel schneller und stärker aufbauen, indem man sich ins kalte Wasser fallen lässt und aktiv da an sich arbeitet, wo es am meisten schmerzt ^^ Es ist einfach nur befriedigend, etwas getan zu haben, zu dem man sich endlos überwinden musste, und dann sieht, dass es tatsächlich zu seinem eigenen Besten ist. Allerdings ist es schwierig, nicht wieder in den alten Trott zu verfallen

  8. #8
    Also bei mir funktioniert alles nach dem Sympathie/Antipathieprinzip. Ist mir jemand Sympatisch kann ich mich von Anfang an über alles Unterhalten. Ist mir dagegen jemand unsympathisch kann ich ihn fünf Jahre Lang mehrere Stunden am Tag sehen mehr als ein "Guten Tag." "Auf Widersehn." würde ich nicht hervorbringen. Also bei mir gibt es und gab es auch nie eine Mauer. Zum Glück kenne ich viele Menschen mit denen ich reden kann und einige mit denen ich auch wirklich über alles reden kann.

  9. #9
    OK, der Reihe nach.

    @nudelsalat:

    Zitat Zitat
    Ich hoffe ich schaffe es irgendwann, auch mit neuen Leuten gut auszukommen
    Was versprichst Du Dir davon ? Welche Vorteile erwartest Du ?
    Ich hatte nie den Wunsch, meine Introvertiertheit zu ändern, deswegen frage ich.

    Zitat Zitat
    Wenn abwarten deine 3.Auswahlmöglichkeit ist, so wähle ich ebenfalls diese.
    Warum... machst Du es daran fest, wie andere entscheiden ?
    Mal abgesehen davon sind es eher meine Faulheit und Unzulänglichkeit, die mich zu Variante 3 zwingen.
    Und irgendwo auch die Unentschlossenheit darüber, welche Variante die für mich Beste ist.

    @Omega

    Erstmal finde ich es lustig, dass Du so schöne Gedanken in dieses Bild vom See bringst, obwohl Du daran garnicht glaubst. Wobei das nichtmal etwas Glaubhaftes sein sollte, sondern einfach nur eine Metapher auf philosphischer Ebene.
    Den Vergleich von Gefühlen mit Wetterlagen finde ich sehr gut, soweit hatte ich bei der Threaderstellung garnicht gedacht. Und Dein Gedanke, dass der Abfluss seinem natürlichen Lauf folgen sollte, ist sehr interessant. Denn die Frage ist, ob sowas überhaupt funktioniert oder ob nicht gesellschaftliche Normen und Gesetze diesen Fluss fast automatisch blockieren und der Besitzer des Sees infolge dessen gezwungen ist, bauliche Änderungen vorzunehmen.

    @Darnoc

    Zitat Zitat
    Des weiteren finde ich es von Vorteil, zuerst zu beobachten und dann zu handeln. Und vorallem möchte ich nicht, dass andere Leute mich "lesen" können, ich will undurschaubar erscheinen und gleichzeitig die anderen durschauen, denn dadurch gewinne ich einen Vorteil gegenüber meinen Mitmenschen.
    Verschlossenheit ist keine Garantie, dass niemand Dich einzuschätzen vermag und Offenheit birgt nicht immer volles Verständnis beim Gegenüber. Ich habe früher auch großen Wert darauf gelegt, unberechenbar zu sein und der Satz "Möchte mal wissen, was in dir vorgeht." war ein Kompliment für mich. Mittlerweile bin ich, wie gesagt, ein echtes Plappermaul und trotzdem höre ich den Satz noch immer. Die wahre Ironie liegt darin, dass ich immer berechenbar war und es noch heute bin, aber eben nur für Leute, die mich so zu nehmen wussten, wie ich war. Das ist fast ein eigenes Thema. Um mal beim See-Vergleich zu bleiben. Du hast die Wahl, jemanden gegen den Staudamm rennen oder ihn durch die Fjorde Deines Sees irren zu lassen. Von aussen kann man über den Damm spähen, und sich innen trotz der gezeichneten Karte verirren. An die Wegweiser des Eigentümers sollte man sich eh nicht so sehr halten. Das sind immer nur grob geschätze Angaben, teilweise von vorherigen Besuchern verstellt.

    Ob ein Mensch einfach nur mit Deinen Launen umgehen kann oder wirklich weiß, was in Dir vorgeht, sind zwei verschiedene Dinge, wobei Zweiteres das Erste dann automatisch mit einschließt.
    Das hängt imho auch sehr davon ab, unter welchen Umständen man sich kennenlernt und Umgang pflegt und wieviel Lebenserfahrung und Menschenkenntnis Dein Gegenüber mitbringt.

    @Lysandros

    Ich habe nichts vorgeworfen, sondern lediglich einen allgemein bekannten Satz als Ausgangspunkt für meine Überlegungen genommen.
    So ein Dammbau ist für mich nichts, dass größtenteils willentlich ausgeführt wird, sondern, wie schon weiter oben erwähnt, aus der Notwenidgkeit entsteht, sich mit anderen zu arrangieren.
    Und nein, ich finde nicht, das Introvertiertheit angeboren ist. Wir bergen die gesamte Palette an Gefühlen und Ausdrucksformen in uns, lediglich der weitere Werdegang genannt Leben beeinflußt, ob Du in Dir bleibst, Dich dorthin zurückziehst, da raus kommst oder immer draussen bleibst. Natürlich kannst Du Dir selbst den Kampf ansagen, aber das wirst Du ohne Anlass nie tun. Insofern bleibt äusserer Einfluss immer der Beweggrund Nummer eins für willentlich herbei geführte Verhaltensänderungen.

    @Ianus

    Zitat Zitat
    Sie umhüllen sich mit einer großen Dunkelheit um zu verbergen, was ihnen an ihrem Wesen aus dem einen oder anderen Grund peinlich ist und lassen Licht nur auf jene Punkte fallen, deren Offenbarung ihnen vorteilhaft erscheint.
    Besser hätte man es nicht ausdrücken können. Genau das ist der Grund, warum ich überhaupt darüber nachdenke. Und meine Gedärme sind voller Geschwüre und Gewürm.
    Andererseits reizt gerade das, Menschen, die teilweise von den natürlichsten Aspekten menschlichen Kreuchens angewidert werden, mal so richtig vorzuleben, was Freiheit zu bedeuten vermag.

    Zitat Zitat
    Die vollkommene Offenbarung einer anderen Person als sich selbst gegenüber muss ich mit meiner Erfahrung für eine Legende wenn nicht für ein Ding der Unmöglichkeit halten.
    Ein großes Dito, wobei ich den Grund anders vermute. Niemand, nicht einmal Du selbst, weißt alles über Dich. Soviele Erlebnisse, die einen prägen und doch wieder vergessen werden.
    Vor meinem 12. Lebensjahr gibt es vielleicht eine Handvoll Bilder, die noch in meinem Kopf leben und aus der Zeit danach ist sovieles verblasst und verschwunden, dass ich immer erschrecke, wenn ich in alten Tagebüchern lese. Wenn also ich noch an mir Dinge (wieder-) entdecke, die ich längst verloren glaubte oder nie für möglich hielt, wie soll dann eine andere Person alles über mich wissen können ? Ergo ist es unmöglich, aber nicht, weil der Wille fehlt, sondern das Können. Wobei das jetzt nicht definieren soll, ob es diesen Willen gibt oder nicht.
    Im Gegensatz zu Dir denke ich, dieser Wille kommt gerade mit dem Alter. Die "schwärmerische" Jugend scheißt imho auf die Abgründe fremder Seelen und sucht im Gegenüber nur die eigenen Träume und Wünsche. Wenn die betroffene Person dann durch eine unerwartete Aktion die Illusion zerstört, reagieren besonders junge Menschen mit Ablehnung und der beste Freund ist von heute auf morgen der letzte Dreck. Doch wenn man selber im Laufe seines Lebens Illusionen zerstört und andere sich von einem abwenden, fängt man vielleicht an, die Fehler und Schwächen anderer zu akzeptieren. Sprich, man nimmt ihn, wie er ist, ohne unbedingt den Drang zu verspüren, jeden einzelnen Gedanken nachvollziehen zu können. Denn wie bereits erwähnt, ist das eh aussichtslos.

    Zitat Zitat
    bis ich mein Ego weit genug aufgebaut habe.
    Oder es Dir eigenfüßig in den Arsch tritt. ^^
    Mir geht es jedenfalls zur Zeit so, dass sich alles bewegt und neu ordnet. Könnte glatt passieren, dass ich bald anfange ein normales Leben zu führen. o.o
    Neee... XD

    @Vimes

    Zitat Zitat
    Ich glaube daher auch nicht, dass es notwendig ist, den Damm einzureissen, meiner Meinung nach reicht es, die Kontrolle über ihn zu haben
    Was, wenn man ihn einreißen will, weil man keine Kontrolle mehr hat ?

    Zitat Zitat
    Das Ego lässt sich sehr viel schneller und stärker aufbauen, indem man sich ins kalte Wasser fallen lässt und aktiv da an sich arbeitet, wo es am meisten schmerzt ^^ Es ist einfach nur befriedigend, etwas getan zu haben, zu dem man sich endlos überwinden musste, und dann sieht, dass es tatsächlich zu seinem eigenen Besten ist. Allerdings ist es schwierig, nicht wieder in den alten Trott zu verfallen
    Was, wenn die Überwindung nicht ein "Ins-kalte-Wasser-springen" ist, sondern ein "Aus-dem-Loch-rauskrabbeln" ?
    Dann kostet es neben Mut nämlich auch Kraft und Zeit. Ausserdem ist nicht alles, was gut zu werden verspricht im Nachhinein die bessere Wahl. Plus, es könnte schief laufen und das senkt die Motivation für einen weiteren Versuch enorm.
    Geändert von Valada (09.07.2004 um 12:30 Uhr)

  10. #10
    Zitat Zitat
    Original geschrieben von Valada
    @Lysandros

    Ich habe nichts vorgeworfen, sondern lediglich einen allgemein bekannten Satz als Ausgangspunkt für meine Überlegungen genommen.
    So ein Dammbau ist für mich nichts, dass größtenteils willentlich ausgeführt wird, sondern, wie schon weiter oben erwähnt, aus der Notwenidgkeit entsteht, sich mit anderen zu arrangieren.
    Und nein, ich finde nicht, das Introvertiertheit angeboren ist. Wir bergen die gesamte Palette an Gefühlen und Ausdrucksformen in uns, lediglich der weitere Werdegang genannt Leben beeinflußt, ob Du in Dir bleibst, Dich dorthin zurückziehst, da raus kommst oder immer draussen bleibst. Natürlich kannst Du Dir selbst den Kampf ansagen, aber das wirst Du ohne Anlass nie tun. Insofern bleibt äusserer Einfluss immer der Beweggrund Nummer eins für willentlich herbei geführte Verhaltensänderungen.
    Also dieser allgemein bekannte Satz behauptet, dass dies ein aktiver Prozess ist, aber wie du schon gesagt hast, wird man mehr oder weniger in diese "Rolle" gezwungen.
    Aber meine Theorie war vielmehr dazu, dass Introvertiertheit nicht nur durch Umwelt entsteht; wir bergen vielleicht eine ähnliche Palette an Gefühlen und Ausdrucksformen, jedoch sind diese sicher nicht bei jedem Menschen gleich. Und ich bin sehr wohl der Meinung, dass einem der Hang zur Introvertiertheit in die Wiege gelegt sein kann. Es gibt fast immer eine genetische Komponente.
    Ich glaube eher, dass der innere Einfluss Beweggrund Nummer eins ist, sein Verhalten zu ändern und kein äußeres Drängen; natürlich kann man von seiner Umwelt mehr oder weniger dazu gezwungen werden, aber wenn man nicht will, fällt man schnell wieder in sein altes Verhaltensmuster zurück.

  11. #11

    Re: Der Staudamm der Seele

    Zitat Zitat
    Original geschrieben von Valada
    Aber wie sieht es bei Euch aus ?
    Wie steht es um Euren Damm ?
    Meiner ist eingerissen worden - gar nicht mal so unähnlich deiner beschreibung. doch das weißt du ja noch, siehe die ersten Nachtschwärmer *jo, als wir noch jung waren...*


    Zitat Zitat
    Oder sitzt ihr einfach nur am Rand des Sees und beobachtet, was passiert ?
    Es kann sehr schön sein, an einem See zu sitzen, und einfach nur zuzusehen.
    Wenn der Wind die Oberfläche leicht berührt, ein Hauch von Wellen über sonst glattes Wasser geht...
    Dementsprechend ist ruhe um den See, also kein Rauschen der Bäume.
    Könnt ihr euch diese Stille vorstellen? Wie im Kinofilm "Hero" *lausch*

    Aber auch das leise Rauschen kann schön sein, wenn das Wasser an das Ufer schwappt und sich zurückzieht, die Bäume einen leisen, monotonen Singsang anschlagen, der nicht langweilig wird, oder beunruhigt, sondern wie das Atmen der Natur erscheint.

    Wenn jedoch das Rauschen zum Brausen wird, die Bäume wild im Wind wanken, das Wasser ans Ufer peitscht, dunkle Wolken den Himmel bis zum Horizont säumen, das dunkle grau sich auf der Wasseroberfläche spiegelt, das Tosen überhand nimmt, kann das Schauspiel eine gefährliche Art der Faszination ausüben - man steht, schaut, obwohl man weiß, dass es gefährlich ist und man selbst in
    Gefahr ist...

    Dementsprechend - denke ich - kann man nicht nur sagen, dass man am See sitzt, oder aktiv "an der Schleuse baut"... Einmal sitzt man am See, und lauscht einfach, ruht sich aus. Dann ist man wieder aktiv am werkeln, baut Stein für Stein in den Damm. Oder ist unzufrieden, und reißt wieder Steine weg, weil sie locker sind, nicht halten, das Bild stören. *
    Je nach Gemütslage baut man am Damm, oder nimmt etwas weg, ändert die "Füllhöhe", wenn man z.B. eine Vertrauensperson kennenlernt, und dadurch nichtmehr "soviel Füllvermögen" nötig ist.
    Solange der Damm dynamisch bleibt, ist das ganze vielleicht nicht einmal als so schlecht zu erachten, imo zumindest.



    zu *
    Ah, ganz wichtig in diesem Bild - passen die Steine auch? Ist es ein einheitlicher, "ansehbarer" Damm? Oder nur ein Flickwerk, dass sofort auffällt, dessen grobe Bauweise nicht gefallen kann.... oder ist es ein harmonischer Damm, der von außen abgeschlossen wirkt, "sauber" ist...

    Denn viele wollen vielleicht nicht, dass man hinter den Damm schaut, ja, dass man nicht näher herangeht, um zu prüfen ob er dicht ist. Das Flickwerk wird eher geprüft, weil man befürchtet, dass etwas hervorbricht. Der optisch einwandfreie Damm wird eher übersehen, weil "er ja noch okay ist".

    Die Kunst liegt imo dehalb darin, den Damm so schön wie möglich erscheinen zu lassen, ein harmonisches "Eins" darzustellen. Denn dann interessiert sich keiner dafür, ob es einem "hinter der Fassade" vielleicht doch nicht gut geht...
    Nur die nähesten Freunde merken es, und beginnen zu schauen: "stimmt da was nicht?"

    Wenn man sich aber schnell ein "Flickwerk" zusammenschustert, das weithin sichtbar nicht in Ordnung ist, wird man Leute anziehen, die vielleicht garnicht davon wissen sollen, die es nichts angeht.

    well, my thoughts ^^
    … WHEN WE LAST LEFT, AERIS/AERITH/ALICE/WHATEVER WAS FUCKING DEAD.

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