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Thema: [ZOOOOOmmxBIES! Staffel 3] Station 4 – River Revenge

  1. #181


    Stunden um Stunden waren vergangen, während Lancaster und Howard eines der Floats aus der Halle geholt hatten und fluchend damit begonnen hatten, die diversen Gegenstände darauf zu schnallen. Haile hatte gar nicht hingesehen. Selbst, als Eryn und Evi schon lange gegangen waren, um sich irgendwie nützlich zu machen, saß Haile noch auf dem Boden. Neben ihr der Zettel mit dem Bild, dessen Text Leo ihr einmal übersetzt hatte.

    Wenn der Vater stirbt, wird die Tochter sich erheben.

    Die Blutlinie der McAldrins. Haile wusste nicht viel über ihre Familie. Nur, dass Jack immer von der "verrückten Alten" gesprochen hatte, und von dem "Drecksblag von Tochter". Sie wusste, dass Jack nur einen Blick auf sie geworfen hatte, als sie das Licht der Welt erblickte und unwirsch "Nennt das Kind Hailena" gebellt hatte. Dass es ihre Brüder waren, die dort vorn auf sie alle warteten. Und auf einem schwarzen Pferd, das, was von General Jack McAldrin noch übrig war.

    War das der Vater, von dem die Prophezeihung sprach?

    "..."

    Eine Unheilsbotin. Das war sie. Sie hatte Jacks Insel in die Hand der Kultisten getrieben. Hatte den Tempel zerstört. Shengs Hope der Verdammnis ausgesetzt. Und auch diese Reise war dem Untergang geweiht, würde sie weiter nur als Spielball des Schicksals agieren.

    "SO EIN VERDAMMTER SCHEISSDRECK"
    "Beruhig dich, das muss ja nicht für die Ewigkeit halten - 30 Minuten reichen schon."

    Sie blickte Lancaster an, der sie unwirsch aus ihren Gedanken gerissen hatte. Eryn, Evi und die anderen, die sich bereits um das Float versammelt hatten, bereit die Barrikade zu stürmen. Ihre Familie. Nein. Diesmal nicht. Diese eine Familie würde sie nicht enttäuschen. Auf sanften Füßen schlich sich das Mädchen weg. Weg von diesen wunderbaren Menschen, die ihr Leben geben würden für den Erfolg ihrer Mission. Wenn sie es sicher durch die Barrikade geschafft hatten, würde Haile nachkommen und die Prophezeihung erfüllen.

    Alles Leben muss enden.

    ... und so auch meines.


    Haile meldet sich für die Aufgabe "Meet the McAldrins" - Raufbold/Parcourläufer

  2. #182


    Jack McAldrin konnte die neue Weltordnung bereits vor seinem geistigen Auge erkennen.
    Ihm war von der heiligen Stimme, die alles sah, prophezeit worden, dass man ihm den Auserwählten bringen würde, dass er ihn nicht würde jagen müssen, Nein, die, die in seine Falle tappen würden, waren dabei, ihm das größte und mächtigste Instrument in der Geschichte der Menschheit auf dem Silbertablett zu servieren.

    Wenn der Auserwählte erst einmal aus dem Schlummer erwacht war, würde er eine Waffe sein. Er trug sie bereits tief in sich, schlummernd und verborgen.
    Sein Blut war das reinste Blut dieses Planeten. In seinem roten Lebenssaft fand sich die Befreiung der Welt.
    All die Kriege, die dieses Land hatte erdulden müssen, das gesamte Chaos, bald würde davon nichts mehr vorhanden sein.
    Unter der Führung einiger Weniger, die zum Anführer geboren waren und die Vision des ewigen Friedensschlafes hatten, würden sie wie Schäfer über eine Herde von willenlosen, friedlichen Menschen gebieten.
    Wie liebevolle Eltern sie führen, nun, da sie unfähig zur Rebellion oder zum Aufbegehren waren.
    Die Welt würde wieder und schlussendlich der Garten Eden sein, sobald der Auserwählte unter ihnen wandeln würde.
    Ein Hort der Ruhe und des Schlafes, ein ewiges Paradies ohne Gewalt und Waffen und vor allem ein Ort der ewigen Herrschaft eines menschlichen Königreiches aus den Priestern, die sie stellen würden.

    McAldrin bewegte seine Schultern unter der schweren Robe, die seine kugelsichere Weste und seine Schutzausrüstung gut verbarg und ihm den Anstrich eines breitschultrigen Kriegers und Feldherrn gab, eine Rolle, die er selbst für sich wie auf seinen Leib geschneidert sah.
    Er hatte die besten Krieger seines neuen Tempels mitgebracht, all Jene, die stark genug waren, den Überfall jener zu überleben, die ein notwendiger Teil der Prophezeiung gewesen war.
    Er wusste was passieren musste, er hatte die Stimme des Allwissenden vernommen und seine Befehle erhalten, auch wenn es ihm die Heimstatt gekostet hatte und schlimmer noch – etwas, dass er geliebt hatte, auch wenn er den Moment versäumte, es je zum Ausdruck gebracht zu haben.

    Seit er sein neues Leben unter den Augen des Allwissenden angenommen hatte, waren die Prophezeiungen so sauber wie Perlen an einer Silberkette verlaufen.
    Was der Allwissende gesagt hatte, war eingetreten. Die Suche, der Sarg, seine Tochter.
    Was er prophezeite, hatte sich am Himmel zusammengebraut und war dann Wirklichkeit geworden.
    Und nun hatte er seine größte Prüfung zu bestehen. Nun würde er in den Augen des Allwissenden seinen hohen Wert beweisen und den Auserwählten befreien.
    Er lächelte unter seiner Maske und atmete schwer vor Vorfreude auf die kommende Schlacht.

    Die unwürdigen, ungereinigten Fußtruppen der Herde würden die erste Front bilden und über die Reisenden des verfluchten Ortes herfallen, sobald sie dumm genug waren, einen Fuß auf die Brücke zu setzen. Mit ihrem kleinen Holzwagen, auf dem der Auserwählte wie ein Stück Vieh transportiert wurde, würden sie nicht einmal die Barrikade durchbrechen können, seine Späher hatten dort exzellente Arbeit geleistet. Sollten es vielleicht einige ihrer Soldaten schaffen, sich der untoten Herde der Ungereinigten zu widersetzen, dann wäre da noch seine Leibgarde. Vier Mann, riesig an Größe, gesegnet vom reinen Blut und beseelt von sanftem Wissen.
    Sie hatten die menschliche Hülle und ihre unzulänglichen Nachteile abgestreift, mussten nicht mehr atmen und kannten keinen Schmerz, doch verfügten sie über die Intelligenz, die ein Soldat brauchte, um in diesem Krieg für ihren Tempel zu dienen.
    Konnten sie doch noch mit ihren brachialen Waffen umgehen und verstehen, dass sie ihn mit ihrem Leben zu beschützen hatten, auch wenn eine Niederlage in diesem Kampf ausgeschlossen war – er würde seine Leibgarde nach vorne schicken, die Reisenden zu überfallen und den Sarg mit sich zu nehmen. Das silberne Gefängnis zu ihm zu bringen.

    Und nun war es an Jack McAldrin, zu grinsen und sein schlagend Herz zu beruhigen, als er an den Triumphzug dachte. Er würde all jene strafen, die ihn ausgelacht hatten. Er würde den Allwissenden stolz machen und vor allem diese Kreatur, die ihn mehr verraten hatte als Haile selbst, endlich den Mund stopfen.

    Doch hätte McAldrin gewusst, dass er selbst nur Teil einer Falle war, so hätte er nicht gelächelt.
    Und sich keinen Triumphzug ausgemalt.

    Vielleicht hätte er noch nicht einmal die Schlacht um Three Rivers gefochten, die nun im Begriff war, zu beginnen!
    Vielleicht hätte er sich sofort ergeben oder wäre weg gelaufen. Doch er ahnte nichts und so bereitete er seine Truppen darauf vor, die Reisenden von Shengs Hope zu vernichten. So wie er es mit ihren Familien und Freunden gemacht hatte.






















    Geändert von Daen vom Clan (16.10.2015 um 17:23 Uhr)

  3. #183

    Auch wenn einige dagegen gewesen waren- der Día de los Muertos Wagen hatte eindeutig am meisten Stil.
    Ausgestattet mit dem Metallgitter vom Zombrilla, der selbstgemalten Flagge, dem Wasserwerfer vom Reptilienhaus und dem verdammten Feuerwerfer vom Massengrab sah es einfach umwerfend scharf aus. Dann noch die Lachgaseinspritzung, die Hju mitangeschleppt hatte, und das Ding würde durch die Barrikade brechen wie eine Pistolenkugel durch Papier.
    Léo überprüfte gerade die Anschlüsse; sie hatte vielleicht kein großes handwerkliches Geschick im Allgemeinen, aber wie man ein Gefährt jedweder Art auf Höchstleistung brachte, war absolut ihr Ding. Einige Feinjustierungen und sie schloß zufrieden die Motorklappe. Der alte Arzt und Guapo hatten gute Vorarbeit geleistet.
    Mit in die Hüfte gestemmten Händen sah sie sich die Truppe an, die sich am Wagen bereitmachten, Naja, Truppe konnte man es eigentlich nicht nennen. Sie waren insgesamt nur zu viert: Der junge Arzt hatte es geschafft, sich von seinem Herzblatt zu trennen hielt das Metallgitter wacker vor dem imposanten vordersten Totenkopf. Evi hatte sich für den Wasserwerfer entschieden und probierte schonmal, wie gut er sich schwenken ließ. Auf Eryns Kleid prangte die Flagge, die sie sich angenäht hatte, um die Hände für den Flammenwerfer frei zu haben und sah aus wie eine Kriegsheldin aus alten Zeiten.
    Heldenhaftigkeit ist eine Todesart, keine Lebensart; hatte ihre Abuela immer gesagt.
    Dass die meisten anderen ihr Leben nicht aufs Spiel setzen wollten und lieber auf ihr Hab un Gut bzw. den Einweck-Mann aufpassten, enttäuschte sie schon nicht mehr. Auch wenn es sie wunderte, dass sie Haile beim Überblicken nicht entdecken konnte Dass aber Kerosin, die vor wenigen Stunden noch großspurig abgetanzt war mit den Worten, bei der Schlacht dabeizusein, jetzt keinen Finger mehr krumm machen wollte, wenn es nicht darum ging, Hju auf die Pelle zu rücken, machte sie über alle Maßen wütend.
    Sie wollte garnicht wissen, was die beiden alleine veranstaltet hatten. Sie wollte garnicht wissen, warum sie das mehr als eine Sekunde beschäftigte. Sie wollte überhaupt nicht wissen, wieso ihr das so einen Stich im Herzen versetzte.
    So warf sie Hju nur einen enttäuschten Blick zu, ehe sie elegant auf den Wagen sprang und sich am Lenkrad positionierte.
    „Alle bereit?“, fragte die hellhäutige Schönheit.
    „Bereit.“, meinte Will entschlossen.
    "Legen wir los.", stieg Evi ein und umfasste den Wasserwerfer fester.
    "Bringen wir die Barrikade und alles dahinter um...“
    Ohne weitere Vorwarnung drehte Léo den Schlüssel im Zündschloß und nach kurzem Röcheln sprang er unter lautem Heulen an. Sie trat das Gaspedal durch und der Wagen setzte sich in Bewegung.
    Die Lachgaseinspritzung wirkte wahrlich Wunder; der Wagen beschleunigte enorm und bald schien alles um ihn herum zu verwischen. Nur das Ziel vor ihnen, die Barrikade, war noch klar zu sehen. Unerbitterlich hielt die Latina darauf zu und hatte das Gefühl, sie würden gleich abheben.
    Sie kamen immer näher.
    500 Meter.
    400 Meter.
    250 Meter.
    100 Meter.
    50 Meter.
    10. Meter.
    3 Meter vor der Blockade zogen alle vier wie auf Kommando den Kopf ein und hofften, sie würden nicht sofort zermatscht werden.
    Holz splitterte. Die Welt versank in Lärm und Bruchstücken der ehemaligen Befestigung.
    Sie waren ohne Probleme durchgebrochen.
    Chido Lachgaseinspritzungen, man.

    Geändert von Mephista (16.10.2015 um 21:40 Uhr)

  4. #184
    Es hatte eine kurze Diskussion gegeben, wie sie das Float - ärgerlicherweise nicht den Drachen, aber man musste ja diplomatisch sein - aufrüsten würden und dann sollte es auch schon losgehen. Evi wusste nicht, wie das alles passiert war, aber die Aufgabenbereiche waren schnell verteilt worden und irgendwie war es zustande gekommen, dass Eryn den Flammenwerfer bediente. "Heilige Scheiße, du hast es wohl ernst gemeint, als du sagtest, du würdest dich nützlich machen.", rief sie ihr mit einem Daumen nach oben zu, als die Bardame gerade irgendwohin verschwand - mit ihrer selbstgemalten Flagge in der Hand. Ja, sie wollten unter wehender Fahne, die für alles stand, was sie bisher erlebt hatten, in die Schlacht ziehen. Oder in die... Höllenfahrt. Ja, das war gut. Eine Höllenfahrt würde es werden - hoffentlich aber höllisch cool.

    Als Evi den Wasserwerfer umschnallte - ihren Rucksack hatte sie in der Zwischenzeit Lisa gegeben - sah sie kurz durch die aufgescheuchte Gruppe. Die meisten wirkten nervös, aber hey, immerhin hatte Jäger wieder ordentliche Schuhe. Lancaster schien über alle ein wachendes Auge zu haben, während er bemüht war, etwas Abstand vor der ununterbrochen plappernde Flameriderin zu bewahren. Die schien ihm nicht mehr von der Pelle zu rücken. Und Haile... oh, nein, das war nicht der blonde Schopf von Haile, sondern das aschblonde Gestrüpp, das Lexi auf dem Kopf hatte.
    Die Taucherin reckte den Kopf in die Höhe, konnte das Kultistenmädchen aber nirgends entdecken. Wo war sie bloß? Oder übersah sie sie in dem Getümmel einfach nur?
    "Es kann losgehen!", brüllte irgendjemand, was sich verdächtig nach Lancaster anhörte, und mit einem letzten ratlosen Blick ging Evi zum fast fertig bereit gemachten Float. Bestimmt war Haile in der Nähe und würde gleich zu ihnen stoßen. Auf jeden Fall konnte sie gut auf sich selbst aufpassen, kein Grund zur Sorge. Oder? Etwas nervös fasste Evi sich an ihre Brusttasche, wo sie den Zombrilla-Zahn durch den Stoff der Jacke fühlte. Alles wird gut.
    „Alle bereit?“
    „Bereit.“
    "Legen wir los."
    "Bringen wir die Barrikade und alles dahinter um...“

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    Sie waren schnell, und dass die Barrikate immer näher kam, pumpte nur noch mehr Adrenalin in Evis Körper. Der frische Wind zerrte spielerisch an ihren Haaren und brachte Eryns Flaggen-Kleid, auf dem unübersehbar das Wort HOPE stand, zum Wehen. Die Taucherin hatte Tränen in den Augen, weil sie direkt in die Fahrtrichtung blickte und mit einer Art freudiger Erregung nur darauf wartete, dass es krachte.
    "Wuhuuu!", rief Evi schon leicht erfolgstrunken, sobald die Barrikade durchbrochen war. Sie hatten natürlich deutlich an Tempo verloren, aber noch rollten sie und konnten den Überraschungsmoment voll nutzen. Ohne zu zögern hatten sie sofort angefangen, ihre Aufgaben zu erfüllen. Heißer Wind strömte der Taucherin entgegen und ließ die Luft im Umkreis des Flammenwerfers flimmern. Sie selbst stellte sich zuerst so hinter Eryn, dass sie mit dem Wasserwerfer die Richtung abdecken konnte, die die Flammen gerade nicht erreichten.
    Die ersten Zombies der Front, die nicht aus dem Weg gefahren worden waren, waren so leicht zu erwischen, dass überhaupt keine Form von Zielen nötig war. Der druckvolle Schwall kühler Nässe wirkte, als würde Evi große Felsen auf die Untoten werfen, nur mit deutlich weniger Zerstörungskraft. Ein paar Nachkommende stolperten über diese erste Welle, aber da sie keine Furcht oder Vernunft kannten, schienen immer mehr von ihnen an das Float, das immer langsamer fuhr, heranzukommen. Evi wusste, dass Léo Notfalls auch kämpfen konnte, aber die Zombies mussten so lange wie möglich von dem Gefährt fern gehalten werden. Auch wenn sie nur von vorne und hinten angreifen konnten, war ihre zahlenmäßige Übermacht keineswegs zu unterschätzen. Und irgendwo, viel weiter hinten, konnte man die Schemen von vier riesigen Figuren erkennen, die sich langsam in ihre Richtung bewegen zu schienen...

    Sie dürfen nur nicht zu nahe rankommen.

    Das war alles, was Evi dachte, und sie sah ein weiteres Mal auf die vier Buchstaben, die auf Eryns Kleid prangten. HOPE. Also weiter. Nicht schlapp machen.
    Mit einem grimmigen Laut aus ihrer Kehle fing sie nun an, ihre Mobilität auszunutzen. Sie hatte deutlich mehr Bewegungsfreiheit als Eryn und Will und konnte flexibler den Feind abwehren. Und jeder Schuss war ein Treffer - was vielleicht auch daran lag, dass Evi kaum davon abließ, das Wasser stets laufen zu lassen und der Strahl eine recht große Fläche abdeckte.
    Sie fühlte sich wie ein unbesiegbarer Jäger, nur dass ihre Waffe nicht tödlich war. Aber genau das war auch das Faszinierende dran. Sie konnte quasi anstellen was sie wollte und brachte niemanden damit in Gefahr. Gut, ihr war eingebläut worden - am vehementesten von Frank - dass sie ihren Wasserstrahl niemals mit Eryns Feuer kreuzen sollte, aber es war ziemlich gut abschätzbar, wo die Bardame hinzielte. Sie hatte einfach, wie gesagt, kein ganz so mobildes Gerät.
    So stand die Taucherin breitbeinig auf dem Float und war so beflügelt, dass sie kaum spürte, wie schwer der Wasserwerfer auf ihren Schultern wog. Sie lachte laut, als sie ein paar schon recht nass aussehenden Untoten die Beine mit der Wucht des Wassers wegzog und sie nach der Reihe umstürzten.
    Das machte sie richtig übermütig und sie versuchte es mit einer Hand - ganz schlechte Idee, fast wäre ihr das Teil weggerutscht -, rutschte auf die Knie und machte eine coole Pose, und dann hob sie den Schlauch über die Schulter. Und bei dieser Bewegung spürte sie ein unglaubliches Stechen an der Seite - dort, wo der Gorilla sie getroffen hatte. Ein reflexartiges "AUTSCH!" entfuhr ihr und sie krümmte sich augenblicklich zusammen.

    "Evi!", hörte sie sofort einen lauten Schrei. Die Stimme gehörte Eryn, die nicht besorgt wirkte, sondern gestresst. "Ach Mist." Evi hatte in der Bewegung nicht auf den Wasserwerfer geachtet und den Strahl einfach laufen lassen - nun war er dem Flammenstrahl gefährlich nahe.
    "Nicht die Strahlen kreuzen!", hörte sie sofort Franks Stimme, als würde er neben ihr stehen. Oder über ihr schweben.
    Mit zusammengebissenen Zähnen, weil der Schmerz noch immer nicht vergangen war, und einem kräftigen Ruck brachte die Taucherin den Schlauch wieder unter Kontrolle. Viel zu schnell lenkte sie den Strahl aus Eryns Richtung, machte eine halbe Drehung dabei und stieß mit ihren Schienbeinen an etwas Hartes: Den Rand des Floats.

    Für den Bruchteil einer Sekunde verzog Evi ihren Mund zu einem leichten Grinsen. Was war eigentlich so schlimm daran, wenn sich die Strahlen kurz kreuzten? Was würde denn dann passieren? Nichts? Ja, nichts! Nichts würde passieren! Nur eine Menge Dampf. War es das wirklich wert gewesen... ein Leben zu riskieren?
    Sie verlor das Gleichgewicht und kippte nach hinten, wo das Gefährt aufhörte und der Tod anfing. Der Wassertank an ihrem Rücken war halbleer, aber - jetzt spürte sie es deutlich - immer noch schwer. Unglaublich schwer.
    Ihr blieb ein Moment, um erschrocken einzuatmen und die Hand nach den anderen auszustrecken. Und um ein Mal zu blinzeln.
    Als sie die Augen wieder öffnete, hatte eine Hand ihre eigene gepackt und zerrte so kräftig daran, dass ihre Schulter schmerzte. Ein langezogener, rüttelnder Schmerz. Aber kein schlechter.

    Geändert von Lynx (16.10.2015 um 21:47 Uhr)

  5. #185
    Es war alles doch rasanter nah gekommen, als sie es erwartet hatte. Noch vor gefühlten Sekunden unterhielt Eryn sich mit Evi und Haile. Ein Moment, in dem sie zwar Bereitschaft bekundete, das Einlösen gemachter Versprechen jedoch so fern war. Und dann saß sie da, widmete sich mit den nur rudimentär zur Verfügung stehenden Mitteln der Flagge, die eine ihrer treusten Mitstreiterinnen bemalt hatte. Wellen von Nostalgie durchströmten sie, als sie sich das Kunstwerk besah, welches einzufangen vermochte, woher sie alle kamen, was sie verband, wofür sie hier waren. Jeder andere hätte die Fahne wie einen Wimpel in die Winde gereckt, doch für die Barfrau gab es nur einen echten Weg: Sie wollte das Stück persönliche Geschichte stolz tragen, wie es zu ihr passte; als Kleid.

    So verbrachte sie die Minuten vor dem Aufbruch ins Ungewisse damit, das türkise Kleid aus der Wäscherei, welches unter den Strapazen ihrer Reise bisweilen arg gelitten hatte, mit eben jener Fahne auf- und auszubessern. Vielleicht hätte sie mit dem Resultat keine Wettbewerbe vor großer Konkurrenz gewonnen, doch als sie die Flagge am Vorderleib trug wie eine zweite Haut symbolisierte das ihre Bereitschaft, für ihre Begleiter - für die Mission - alles zu tun, was in ihrer Macht stand. Und sie hoffte, den selben Mut auch in ihren Mitstreitern auszulösen.

    Auf diese Art ausgestattet sollte der eigentliche Teil ihrer Aufgabe Eryn noch bevorstehen. Sie würde einen Flammenwerfer bedienen müssen, den man stationär auf dem Mardi-Gras-Wagen, ihrem Ticket vorbei an der Barrikade der Kultisten, installiert hatte. Eine schier unmögliche Aufgabe, wäre sie nicht beflügelt gewesen vom Versprechen, das sie Torres gab und beruhigt von der Anwesenheit von Leuten, die sie inzwischen fast Freunde nennen wollte. Besonders die Tatsache, dass Will für ihren Schutz verantwortlich war, ließ sie erstaunlich ruhig auf den Wagen steigen, als die letzten Vorbereitungen getroffen wurden. Sie machte sich mit dem Gerät vertraut, dass sie in den nächsten, vermutlich kurios schnell an ihr vorbei rasenden Momenten als Tötungswerkzeug benutzen müsste und warf ihren Mitstreitern letzte, zuversichtliche Blicke zu. Auch Haile brach auf. Sie würde sich den Kultisten - oder besser: Ihrer Familie - auf eine andere, vielleicht direktere Art und Weise stellen, dabei womöglich mehr Gefahr riskieren als sie alle zusammen. Auch, wenn sich die Gruppe darauf geeinigt hatte, Leo den Wagen steuern und per Lachgastechnik - so viel hatte Eryn verstanden - beschleunigen zu lassen, was dem Kultistenmädchen sicherlich helfen würde.

    „Alle bereit?“
    „Bereit.“,
    "Legen wir los."
    "Bringen wir die Barrikade und alles dahinter um...“

    Als sich der Wagen endlich in Bewegung setzte, atmete sie tief durch. Ihre Anspannung und die Hitze ihrer eigenen Waffe würden der Irin in den kommenden Augenblicken mehr als genug Luft rauben. Ihre weichen, leicht aufgeschürften Hände legten sich so fest wie nervös an die Griffe, mit denen sie den Werfer bewegen sollte.
    Das Gefährt fuhr über den Highway wie ein Siegeszug durch Menschenmengen. Nur war hier niemand, um sie zu feiern und der Sieg in weiter, vielleicht unerreichbarer Ferne. Erst nach einer empfundenen Ewigkeit konnten sie die Barrikade sehen, die sie an ihrer Weiterreise hindern sollte.

    Dann ging alles schnell. Das Lachgas trieb den Wagen in eiligem Tempo in Richtung der Barrikade. Eryn duckte sich, wie auch ihre Freunde. Und erst als das irrsinnig laute Knarren, Krachen und Brechen in den Hintergrund trat, dem Fauchen ihrer Feine Platz machte, traute sie sich wieder hoch. Nun hatte die Zeit mit ihr Erbarmen, verrann nur langsam wie dicker, zäher Sand in einer zu schmalen Uhr. Ihr Puls raste, bei jedem Schlag ihres Herzens donnerte es in ihren Ohren wie an den stürmigsten Tagen, damals auf See. Und es ging los.

    Mit ihrem ganzen geringen Gewicht und ihrer ganzen unausgeprägten Kraft, doch ebenso mit ganzer Entschlossenheit drückte sie ihren Körper an das feuerspeiende Gerät und legte los. Evi hatte sich - kampferfahren wie sie war - schnell geschickt hinter ihr positioniert, um nicht Gefahr zu laufen, selbst Opfer der Flammen zu werden. Will stand ebenfalls nah bei ihnen, noch in Deckung, doch das Float verlor zunehmend Geschwindigkeit, weswegen vor allem die Barfrau seine Hilfe bald brauchen würde.

    Sie konnte dabei zusehen, wie die gruseligen Leiber der Untoten gröhlend in Flammen aufgingen, als sie diese traf, gab dabei Acht, das lodernde Feuer nicht zu nah an den Wagen kommen zu lassen. Immer wieder drehte sie das Instrument von der einen auf die andere Seite, um auch dort Zombies anzufackeln, die noch eine Weile mit ihrem seelenlosen Selbst kämpften, bevor die Flammen ihre hässlichen Körper niederrungen. Evi blieb dabei stets in ihrem Rücken, spülte die Horden dort weg, wo die Flammen sie nicht erreichten. Sie waren ein tolles Team, verstärkt von ihrem Beschützer, Will. Dieser schlug in Eryns Augenwinkel einem Zombie, das sich gerade am Float hochgezogen hatte, mit Wucht die Finger ab. Es war beeindruckend, den jungen Arzt so martialisch zu sehen, doch sie hatte keine Zeit, um ihn genauer zu beäugen. Ihre Aufmerksamkeit musste den gemeinsamen Feinden gelten.

    Obgleich sie kein Auge für ihre Mitstreiter hatte, konnte sie deren Energie so sehr spüren wie die eigene. Das volle Geräusch der Wasserwuchten, die Evi in die Menge schoss, war jedoch nicht zu überhören. Es kam Eryn fast vor, als würde die Taucherin mit dem Wasserschlauch tanzen. Erst spät schien sie das erste Mal Kontrolle über das gerät zu verlieren, kam den ausgestoßenen Flammen nahe. "Evi!", rief die 25-Jährige ihrer Kumpanin zu, die doch noch reagierte. Jedoch riss sie so schnell herum, dass es sie vom Bord des barrierendurchbrechenden Schlachtschiffes zu werfen schien.

    Ohne nachzudenken warf Eryn die eigene Schulter herum, um nach der Kämpferin zu fassen, während ihr anderer Arm das Flammengeschütz umklammerte. Will drückte zwei heraufkletternde Wiedergänger vom Gefährt als die ehemalige Kellnerin zog und das Gefühl hatte, Evi die Schulter auszukugeln. Doch ihre Freundin blieb so auf dem Wagen. Für den Moment tauschten sie nur ein kämpferisches Grinsen aus.



    Und dann warf sich die Schönheit wieder an ihre Waffe, setzte mit dem Flammenwurf fort. Man konnte hören, wie der Mediziner neben ihr stöhnend die nächsten Zombies von ihrem Gefährt verbannte, keine Gnade kennend und sie wieder auf den staubigen Boden befördernd. Seine Finger drückten sich am Gitter weiß, als er von Seite zu Seite stapfte, nur um sie zu schützen.

    Die vier Gestalten, die aus der Ferne gigantisch wirkten, offenbarten auch aus der Nähe eine gar gewaltige Statur. Sie hatten das Float nun erreicht und versuchten, mit ihren klobigen Waffen die Vorderachse zu zerschlagen, den nur noch langsam ausrollenden Wagen mit Gewalt zu stoppen, um ihre Lage zu verbessern. Doch Evi ließ sie die Macht des Elements spüren, in dem sie sich selbst so erstaunlich geschickt bewegen konnte, verdrängte die massigen Körper der Mutanten nicht, doch hinderte sie an Schlimmerem. Als sie sich aufteilten, so näher kamen, versengte das Feuer den Ersten. Er brüllte, als er in Flammen aufging. Eryn konnte seine vernarbte, spröde und dicke Haut durch das Feuer grau werden sehen. Er prügelte auf das Float ein, immer wilder werdend, bis er gequält an den Flammen verendete. Auch den Zweiten traf die Hitzewelle kurz darauf, genau so wie sein niedergegangener Kollege wehrte er sich gegen den Verbrennungstod. Auch seine Chancen auf ein Weiterleben erstickten aber in der Glut, die seine Haut einfing wie ein Netz.

    Doch die Irin sah nicht kommen, was seine letzte Tat werden sollte. Während Evi die beiden anderen Hünen auf Distanz hielt und durch ihren atemberaubenden Wassertanz sogar immer weiter vom Float vertreiben konnte, warf der dritte Leibwächter ihres Feindes seine große, schwere Waffe auf Eryn. Nicht mal ein Zwinkern trennte sie davon, vom Gegenstand einfach weg von ihrer Waffe und durch die Luft auf den staubigen, zombiebevölkerten Boden geworfen zu werden.

    Was sie davon trennte, war Will. Der Arzt warf sich in einem selbstzerstörerisch wirkenden Akt vor die Schönheit, schlug das Gitter mit aller Wucht gegen das Objekt. Beides fiel zu Boden und er torkelte. Eryn war nicht in der Lage, zu reagieren als er gefährlich auf den Abgrund zustolperte. Einen Sturz würde er überleben, doch unten hatte er keine Chance gegen ihre Feinde, war nur Futter für ihre hungrigen Mäuler.

    Er fing sich kurz vor dem Rand. Doch die Freude war nur von kurzer Dauer. Noch lächelte die Bardame in glücklicher Euphorie, da sah sie an den Füßen des Helden die zerfressene Hand eines Untoten. „Will!", wollte sie ihn warnen, doch schon grub sich die Hand in seine Fußknöchel, zerrte an ihnen. Eryn streckte die Hand aus, wie zuvor bei Evi. Sie konnte nur hoffen, dass es ihr ein zweites Mal gelang, einen Freund zu retten. Es musste gelingen...

    Geändert von MeTa (16.10.2015 um 22:47 Uhr)

  6. #186


    Das Float durchbrach die Absperrung mit einem ohrenbetäubenden Knall. Holzsplitter und Körperteile schossen an ihnen vorbei und zerprallten am Gitter. Das Float begann die Untoten niederzumähen und wachelte dabei unsicher. Ihr Gefährt war noch schnell genug um den Zombies keine Chance zu geben es zu erklimmen doch in wenigen hundert Metern hätten sie viel von ihrem Schwung eingebüßt. Neben ihm verbrannte Eryn alles in Reichweite und Evi stand auf der anderen Seite mit ihrem Wasserwerfer. Der Lärm von hunderten stöhnenden Zombies und das Geräusch der lodernden Flammen vermischte sich mit der Musik, die aus der Anlage plärrte und ergab eine bizzare musikalische Kulisse.

    Als das Float an Geschwindigkeit verlor fingen die Untoten an sich neben dem langsamer werdenden Gefährt aufzutürmen. Eryn und Evi hatten alle Händen voll zu tun die wandelnden Leichen davon abzuhalten ihr Fortbewegungsmittel zu erklimmen. Will schaffte es ein oder zweimal eine der Bestien mit Hilfe des Gitters vom Rand des Floats zu befördern was ihm einen dankbaren Blick von Eryn einbrachte.

    "Verdammte scheiße." Vier riesige Gestalten hoben sich aus der Masse der Untoten wie die Masten eines Segelschiffes. Ihre menschliche Körperform war unverkennbar doch sie hatten etwas seltsames an sich. Ihre schiere Größe war für Will überwältigend und ihm wurde schlecht. Wie sollten sie so etwas besiegen? Und sie kamen immer näher. In ihren Händen hielten sie Knüppel die mit einem Schlag jedes Genick hätten brechen können. Als das Float sie erreichte begannen sie damit, wie wahnsinnige auf eben dieses einzuprügeln. Holz splitterte und jeder Schlag ließ das Gefährt erbeben. Es war nur eine Frage der Zeit bis es zum Stillstand kommen würde.
    Doch die Mutanten hatten ihre Rechnung ohne Eryn und Evi gemacht. Will sah wie die riesigen Untoten wie trockenes Stroh zu brennen begannen und das gurgelnde, gutturale Schreien der Wesen ließ sein Blut gefrieren. Eryns Gesicht war schweißnass von der Hitze ihrer Waffe doch sie warf ihm ein überlegenes Lächeln zu als der zweite Mutant zu Boden ging.

    Will wollte der Schönheit ein Lob zurufen als er aus seinem Augenwinkel etwas großes auf sie zufliegen sah. Reflexartig riss er das Gitter hoch und hielt mit seinem ganzen Körpergewicht gegen die Wucht des Aufpralls. Das Flugobjekt prallte ab und fiel auf die Untoten unter ihnen, Will spürte wie die Knochen in seiner linken Hand brachen und er ließ das Gitter fallen. Der süßlich metallene Geschmack von Blut breitete sich im Mund des jungen Arztes aus und er stolperte, durch die den Aufprall, nach hinten gefährlich nah an den Abgrund.

    Im letzten Moent griff Will nach dem dekorativen Holzgeländer an der Seite des Floats. Eryn und sein Blick trafen sich und die Bardame lächelte ihn euphorisch an. Will atmete erleichtert aus. Dann fühlte er wie sich etwas um seinen Fußknöchel klammerte und zog. Er verlor den Halt erneut, rutschte an der blutverschmierten Seitenwand des Floats ab. Eryn stürzte nach vorne in einem letzten Versuch seine Hand zu ergreifen.







    Eryns Hand, so flink wie die junge Irin auch war, schaffte es nicht die seine zu ergreifen. Und so glitten ihre Hände aneinander vorbei, Eryns makelloses Gesicht vom Schock verzerrt.
    Unzählige Händen griffen, rissen an ihm. Zähne versanken in seinem Fleisch und jeder Schmerzensschrei erstickte unter dem Lärm der tobenden Masse an Untoten.

    Henry hatte einmal gesagt "Nicht der Tod selbst macht uns Angst, sondern das Sterben, das Gehen lassen, das Verlassen werden". Damals klang es einleuchtend, wie so vieles was sein Vater ihm erzählt hatte. Doch es war eine Lüge. Was er fühlte war keine Angst vor dem Unausweichlichen. Es war keine Trauer über die Menschen die zurückblieben, die Menschen die er verlies. Er hatte viele Menschen gehen sehen. Und einigen sogar das Leben oder etwas Lebenszeit geschenkt. Der donnernde Lärm um ihn herum verwandelte sich mit jeder Sekunde mehr in ein weißes Rauschen. Die Sonne die eben noch seine Haut verbrannt hatte verlor an Intensität und der aufgewirbelte Staub schien sich wie eine schwere, wärmende Decke auf seinen Körper zu legen. Das Gefühl was er empfand war Gleichgültigkeit. All die Dinge, alles was war oder noch hätte sein können war in diesem einen Moment unwichtig geworden. Wie er den kleinen Jungen auf Ol'Cletus Farm auf die Welt gebracht hatte. Die Gespräche mit Eryn, die ihn in jeder Situation, egal wie aussichtslos sie auch schien, zum Lachen bringen konnte. Merete, die hoffentlich jemanden fand der sich gut um sie kümmern würde und Snowballs weiches Fell unter seinen aufgeschürften Fingern. Die Momente in denen Howard ihn so väterlich angesehen hatte, dass Will sich nichts sehlicher wünschen konnte, als dass dieser Mann sein Vater war. Kalte Hände griffen nach ihm und Wills letzter Gedanke auf dieser gottlosen Welt galt dem zerknüllten Stück Papier, dass noch immer tief in der Tasche seiner Jeans steckte.

    Zitat Zitat
    „Mein geliebter Sohn,“
    Und so wie jedes Menschenleben mit einem Schrei beginnt endet dieses.
    "Will!"

    Geändert von Kaia (16.10.2015 um 23:19 Uhr)

  7. #187
    Mit ihren nackten Füßen schritt Haile durch die Trümmer, die der Wagen hinterlassen hatte. Es war nass. Eine wahre Flutwelle hatte sich über das Schlachtfeld ergossen. Die Frontlinie war sofort gefallen, es waren nur noch wenige Untote übrig. Nur noch zwei der monsterhaften Hünen, der Leibwache von Jack McAldrin, waren übrig, und natürlich der General selbst. Auf seinem schwarzen Pferd sitzend hätte man fast meinen können, er wäre einem alten Gemälde entsprungen.

    Die beiden Leibwächter lösten sich von Jacks Seite und kamen auf Haile zu.



    Jeder der beiden packte Haile an einem Arm.

    "Du hast gute Arbeit getan."
    "..."
    "Verbeuge dich vor deinem Vater!"
    "..."
    "VERBEUGE DICH!"
    "...Nein."

    Er lachte kurz zu sich selbst.

    "Was ist das mit euch Frauen?"
    "..."
    "Schau dich um..."

    Er machte eine ausladende Handbewegung über das Schlachtfeld hinweg.

    "Das war es, oder? Der Sarg ist weg. Alles was mir bleibt, ist der Trost, das dein Tod schmerzhaft sein wird."
    "..."

    Jack setzte zum Galopp an, direkt auf Haile zu, die von den zwei Hünen festgehalten wurde. Haile blickte dem schwarzen Pferd direkt in die rot unterlaufenen Augen. Erneut gab Jack dem Tier die Sporen - schneller, immer schneller kam er auf seine eigene Tochter zu. Aber vielleicht war es ein letzter Rest Menschlichkeit in Jack, vielleicht war es Zufall, vielleicht war es Glück - aber als Haile die Augen schloss, um die Prophezeihung umzukehren und sich von ihrem Vater töten zu lassen, hörte sie nur den gequälten Schrei des schwarzen Tieres.

    "...!"

    Das Pferd bockte, sprang aufgeregt durch die Trümmer der Barrikade und zertrampelte unter seinen Hufen eine der beiden großen Mutationen an Hailes Seiten. Der andere riss sich selbst und Haile zur Seite, prallte dabei gegen einen Stein auf dem Schlachtfeld und blieb regungslos liegen. Jack lag einige Meter entfernt und röchelte hörbar. Haile meinte fast, ein spöttisches Lachen in den Geräuschen zu erkennen. Er rappelte sich hoch und kam langsam zu seiner Tochter gelaufen.

    Haile selbst lag ebenfalls im Staub, schwer atmend und bereit zu sterben. Aber eine kleine, leise Stimme in ihr verbot es ihr, aufzugeben.

    "..."

    Schnell duckte sich Haile vor dem heruntersausenden Stiefel ihres Vaters weg und rollte zur Seite. Kaum stand sie wieder, tackelte sie der Hüne. Im Flug griff sie nach seiner schwarzen, schweren Robe und riss ihn mit zu Boden. Beide landeten in einer der Pfützen. Schnell entwickelte sich ein erbitterter Kampf. Mehrfach traf Haile ihren Vater mit harten Schlägen im Gesicht, dann wieder wurde sie von seinem Gewicht begraben und konnte sich kaum bewegen.

    Schließlich rollte sich Jack auf sie und begann sie zu würgen, ihren Kopf in das brackige Wasser einer Pfütze zu drücken, die ein kraftvoller Wasserstrahl hinterlassen haben muss. Mit jeder Sekunde fiel es Haile schwerer zu atmen. Ihr Blickfeld wurde langsam dunkel und irgendetwas in ihr riss sie immer tiefer hinab, um zu sterben. Mit letzter Kraft tastete sie nach einem Stein und schlug ihn mit all ihrer fliehenden Kraft gegen Jacks Kopf. Dann wurde die Welt um Haile plötzlich schwarz.
    ______________________________________

    Sie blickte in einen Spiegel. Sah sich selbst, mit ihren blonden Haaren, den Zöpfen, den großen, goldenen Augen. Die Gesichtszüge des Mädchens, das ihr entgegen blickte, verschwammen, als würden sie sich teilen. In Hailes Traum spielte eine junge Frau, die ihr so, so ähnlich sah, mit einem großen, schwarzen Tier, einem Hund. Daneben stand eine alte Frau, die ein dunkles Funkeln in den Augen hatte. Beide waren Haile wie aus dem Gesicht geschnitten. Die alte Frau starrte Haile an. Auch die andere, junge Frau erhob sich und blickte ihrem Spiegelbild direkt in die Augen.

    "Tu es, Kind"
    "Töte ihn."

    Der Spiegel zerbrach vor Haile.
    ______________________________________

    "..."

    Als sie die Augen wieder aufschlug, blickte sie in ihr eigenes Gesicht. Ein Spiegelbild ihrer selbst. Sie lag unter ihrem Vater. Vorsichtig Haile griff nach ihrem Ritualdolch, der unter ihrem Kleid verborgen an ihrem Bein befestigt war. Dabei striff ihre Hand sanft den Gorillazahn mit den Kerben, die Leos Machete hinterlassen hatte..

    Sie beugte sich nach oben, über den Kopf ihres Vaters, und berührte seinen verfaulten, kalten Mund leicht mit ihren eigenen, warmen, vor Leben pulsierenden Lippen, während sich ihr Dolch tief ins Herz von Jack McAldrin bohrte.

    Und wie ein gutes Spiegelbild erwiderte er ihre Bewegung mit seinem eigenen Messer. Das kühle Metall bohrte sich in Hailes Körper. Ihr warmes, rotes Blut vermischte sich mit der dunklen Brühe, die aus seiner Wunde auf den Boden strömte.

    "Alles Leben muss enden..."

    Das Leben floss aus Haile und mit ihrer letzten Kraft schob sie die Leiche ihres Vater von sich. Ihre Hand löste sich vom Griff des schwarzen Ritualdolches, der in seinem Herzen steckte. Sie ließ ihn zurück, sein letztes Geschenk aus dem Tempel. Jacks Dolch hingegen ragte aus Hailes Brustkrob - nur der Griff schaute heraus.

    Mühsam stand Haile wieder auf. Um sie herum lagen die toten Leiber ihrer einstigen Familie. Die großen Gestalten in Kutten und altertümlichen Rüstungen. Die Fußsoldaten, hirnlose Hüllen einstiger Menschen. Und die Leiche ihres Vaters. Sie legte eine Hand auf die Wunde unter ihrem Herzen und schloss die Augen.

    "...aber meines wird es nicht."

    Mit einem Ruck zog sie sich den Dolch ihres Vaters aus der Brust und warf ihn von sich. Er hatte ihr Herz verfehlt. Nein. Wir werden die Welt retten.

    Ihre Hände waren blutig, aber...sie wird nicht sterben. Vorsichtig näherte sie sich dem schwarzen Pferd. Mit einer Hand streichelte Haile vorsichtig über die aufgeblähten Nüstern des armen Tieres. Es war definitiv nicht untot. Und es würde ihr überall hin folgen. (Haile: Trait Fortbewegungsmittel)

    Geändert von Caro (16.10.2015 um 23:22 Uhr)

  8. #188



    Die Schlacht war geschlagen.
    Was von ihren Feinden geblieben war, lag zerschmettert oder vom Flammenwerfer versengt rauchend und brennend im Staub. Einige Leiber ihrer untoten Feinde waren von der Brücke gestürzt und waren im Fluss davongetrieben worden, als wären sie Boten, die eine Nachricht von den Reisenden aus Shengs Hope mit sich führten, die da lauten musste, sich in Acht zu nehmen, denn gemessen daran, dass sie die Blockade durchbrochen hatten und ihre Gegner nicht den Eindruck gemacht hatten, sie nur aufhalten zu wollen, war es offensichtlich, dass sie nun in der Offensive waren.
    Die Kultisten konnten unmöglich wissen, dass der Hinterhalt und die Straßensperre des McAldrin so schnell durchbrochen werden konnte, es war sogar wahrscheinlich, dass ihre Feinde sogar damit rechneten, dass sie einen Weg außen herum durch das Minenfeld suchten. Zum ersten Mal seitdem Shengs Hope zerstört und angegriffen worden war, hatten sie die Initiave zurück erlangt! Das Blatt hatte sich mit dieser Schlacht, die das Leben des jungen Arztes Will gefordert hatte, gewendet.


    Sein Opfer war es vielleicht, dass nicht nur das Leben von Eryn gerettet hatte, sondern auch die Leben der vielen Verschleppten aus Shengs Hope retten würde.
    Vor ihnen lag nun die freie Straße und sie konnten am Horizont gegen das Licht des neuen Morgens bereits die Silhouette der zerstörten Stadt San Antonio ausmachen. Der Ort, an dem sich ihre Freunde und Familien befanden.
    Der Ort, an dem Adam die Rettung der Menschheit so nahe war.
    Die Straße verlief schnurgerade – nun würde sie nichts mehr aufhalten können.


    --

    „Na, das ist doch optimal gelaufen, nicht wahr?“, grinste Fawyer und zog genüsslich an seiner dicken Cohiba.
    „Aye Boss, die waren ganz schön nah dran…“, grinste Torres und Fawyer hob fragend eine Augenbraue. „Na, Liz, Laura, diese Eryn.“
    „Natürlich, natürlich.“, lachte der Lebemann. „Mein guter alter Freund Jackman würde sich sicherlich nicht mit Trotteln umgeben.“

    Fawyer lachte noch einmal befreit auf, dann klopfte er Torres auf die Schulter, der seinen Biss bisher perfekt verstecken konnte und machte Anstalten, sich wieder in sein Haus zu begeben.
    „Wo sind eigentlich die beiden Nervensägen?“, fragte er dann, einem inneren Impuls folgend. Torres kratzte sich am Kopf. „Also Liz ist kurz nach dem russischen Haudrauf weg. In dieselbe Richtung. Aber wo Laura ist…“

    „Ich bin hier.“
    , kam es mit meckerndem Gelächter aus dem dunklen Eingang zum Bordell und sie sahen Laura, die ihren dicken Mantel um hatte und wie irre grinste. „Und das ist für Perlmutter.“
    Mit einem grellen Lichtblitz zündete sie ihre Bombe am Leib und die Detonation erschütterte das gesamte Fawyerland, als die metallenen Schrapnellsplitter sich durch Holz und Fleisch bohrten und das Letzte, das einige der Menschen dort vor Ort wahrnahmen, das irre, doch ersterbende Gelächter von Laura war. Sie hatte am Ende ihre Drohung wahr gemacht.

    --

    Davon bekam man jedoch weit im Nordwesten nichts mit. Während der nächsten beiden Tage, in denen sie sich durch die Ruinen der kleinen Ortschaften vor San Antonio kämpften und – ihren beiden Zielen so nahe – sich weder Rast noch Ruhe gönnten, war die Skyline immer näher gekommen und gerückt. Die letzten Stunden waren sie müde geworden und die Erschöpfung forderte ihren Tribut, trotzdem war an Rast oder Ruhe nicht zu denken, war es doch ein Wettlauf gegen die Zeit.

    Und dann lag San Antonio endlich vor ihnen, sie standen auf einer Anhöhe und blickten in die Stadt hinein und plötzlich wurde ihnen klar, welches grausame Problem sich ihnen nun als Stein in den Weg geworfen wurde.
    Was sie direkt vor sich sahen, ließ ihnen das Herz in die Hose sinken.
    Was nun folgte, könnte ihre Mission zerstören.
    Nun hatten sie eine Schlacht der ganz anderen Art zu schlagen!



    Weiter geht in Station 5

    Geändert von Daen vom Clan (16.10.2015 um 23:24 Uhr)

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