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Thema: [ZOOOOOmmxBIES! Staffel 3] Station 3 – No Hope left

  1. #141
    Der Schreck steckte ihm tief in den Knochen. Erst als Léo ihn anfing durch die Stadt zu schleifen lockerte sich seine Angespanntheit.
    Die Aussicht auf ein Bad war in zweifacher Hinsicht erfreulich.
    Einerseits war die Gruppe seit einigen Tagen unterwegs und die Gelegenheit sich zu waschen war nicht wirklich gegeben während all des Stresses und der Hetzerei.
    Andererseits... hatte er noch etwas mit der Latina zu klären.

    Er sah Ihr schmunzelnd dabei zu wie sie sich flink auszog. Schnell bewegte Sie den athletischen Körper ins Meer, ein perfekter Blick auf die beiden drallen Pobacken, die durch den lebhaften Hüftschwung auf- und abschwingen.

    Sie bedeutete ihm durch ein schwaches Kopfnicken zu folgen.
    Lancaster schaute erneut auf seine immer noch blutigen Hände. Dick, schwarz und krustig verklebte es seine Finger.
    Vermutlich befanden sich auch noch Spuren seines eigenes Blutes in seinem Gesicht und seinem Bart, als er sich eine blutige Hand ins Gesicht drückte um den Vultures zu imponieren.
    Sein Blick wandte sich kurz herum.

    Da saßen einige von ihnen. Die Gruppe von Shengs Hope. Jetzt heimatlos.
    Sie waren um ein Lagerfreuer versammelt. Die Kulisse war nicht die fröhlichste und er wusste noch, dass ihm die Stille des Ortes Probleme bereitete.
    Aber zusammen mit anderen wirkte es beruhigend. Sie sollten die Gelegenheit nutzen. Einfach zu ruhen, sich überhaupt besser kennen lernen. Wenn er so darüber nachdachte... was wusste er schon groß über seine neuen Freunde hier?
    Mit dem Gedanken blickte er wieder zurück zu einer im Wasser treibenden Léo, die sichtlich ungeduldig wurde.
    Lächelnd entkleidete er sich komplett und stürzte sich in die ruhigen Fluten.

    Das kalte Wasser umhüllte seinen Körper, doch es war ihm egal. So kalt es auch sein mochte, es fühlte sich einfach nur erfrischend an.
    Noch im Wasser selbst drehte er sich um die eigene Achse, Bauch und Brust zum Himmel gerichtet tauchte er wieder auf.
    Sein Leib trieb direkt neben der Latina her und er konnte spüren wie sich eine warme Hand auf seine Brust legte.

  2. #142
    Amüsiert beobachtete Evi, wie Jäger sich scheinbar leicht überfordert, aber gewohnt soldatenhaft verbeugte. "Ich nehme deine Geschenke an und, uuuh ..."
    Langsam wurde ihr klar, dass sie ihm gerade wirklich alle diese Sachen geschenkt hatte. Eigentlich hatte sie ihn etwas aussuchen lassen wollen, aber im Eifer des Gefechtes völlig vergessen, das auch zu erwähnen. Sie war viel zu sehr damit beschäftigt gewesen, ihrem Kram nicht ganz so schlecht aussehen zu lassen, um irgendetwas davon als gutes Geschenk zu verkaufen. Kurz überlegte sie, ob sie es aufklären sollte, aber Jäger war so schön verlegen. Das hieß ja eigentlich, dass es ihm etwas bedeutete, oder nicht?
    Also nahm sie es als amüsante Fügung und lachte ihn an, als er schließlich seine Taschen absuchte.

    Nach kurzer Zeit hatte er einen Ring hervogekramt. Er glänzte rotgolden, weil sich die Sonne und das Glühen der Reste von Verbranntem sich in ihm spiegelten. Er sah wunderschön aus.
    Ich wusste nur, dass dieser Ring mitkommen muss. Mit mir, mit uns allen. Er gehört eine unserer Leute, denn sie alle waren unsere Leute. Ein Siedler, der hier gestorben ist. Die Alten in meine Dorf glaubten, ein Stück Seele bleibt in Sachen zurück, die dir gehören wenn du stirbst. Russischer Aberglaube, aber in dem Moment machte es für mich mehr Sinn als kleine Einmaleins. Wenn in ihm etwas Seele steckt, dann will ich, dass er unsere Vergeltung so nah wie möglich erlebt. Hier, bitte. Nimm es ruhig.
    Jegliches Grinsen war aus Evis Gesicht verschwunden. Sie sah fast ehrfüchtig auf das kleine Schmuckstück, das Jäger ihr entgegen hielt.
    "Das ist wirklich... sehr schön. Ich möchte auch daran glauben, dass ein Stück Seele in ihm zurückblieb." Vorsichtig nahm sie den Ring aus seiner Hand und betrachtete ihn wie einen besonderen Schatz. Das war er auch. Er war ein Symbol für etwas Wichtiges - für den gemeinsamen Kampf und die Rache für die Siedlung.
    "Ich werde ihn immer tragen. Dann werden wir denen heimzahlen, was sie Shengs Hope angetan haben." Sie nickte ebenfalls, hatte aber das Gefühl, seiner Geste nicht wirklich gerecht zu werden. Nachdem sie den Ring langsam auf ihren Finger geschoben hatte - er war beinahe etwas zu klein, aber passte noch - bewegte Evi ihren Arm etwas seltsam, weil sie drauf und dran war, den Russen dankbar zu umarmen, aber einmal mehr unterließ sie diese Geste. Also sammelte sie leicht verlegen ihre Sachen vom Boden auf, die jetzt nicht mehr ihre waren, und drückte sie Jäger in die Hände.

    "Ich danke dir. Nochmal.", murmelte sie und drehte sich dann schnell zu Eryn um, die das Ganze geduldig ertragen hatte. "Na los, gehen wir zu den anderen."

    Geändert von Lynx (04.10.2015 um 13:23 Uhr)

  3. #143
    Als er am Strand ankam und dort offenbar mehrere Menschen aus der Gruppe, von der er jetzt schon mehrfach durch die beiden Damen erfahren hatte, anwesend waren, schaute er sich um. Es war ein recht großer Andrang für eine gerade niedergebrannte Siedlung. Offenbar ging es bei dem ganzen um das Leben eines der Gruppenmitglieder wie sich für ihn relativ schnell herausgestellt hatte. Denn offenbar war dort jemand fast ertrunken. Nachdem die Person an Land geschleppt wurde von zwei Personen und dort versucht wurde ihn wieder zu beleben, schaute Jack sich am Strand kurz um doch fand nichts Interessantes außer Sand, Trümmer und Schrott der mal zu was zu gebrauchen war aber nun nur noch zum Wegwerfen benutzt werden konnte.
    Nachdem sich der fast ertrunkene wohl wieder etwas gefangen hatte, drehte er sich zu Jack rüber und nachdem er sich vergewissert hatte das er doch nicht wirklich Tod war, wandte er sich Mit einer Frage an Jack:
    "Also ist noch Militär hier an der Küste? Das ist die beste Neuigkeit seit dieser Thunfisch als Allheilmittel angepriesen wurde. Gibt es da draussen noch mehr von deiner Sorte, Soldat?"
    Doch leider musste Jack ihn fürs erste enttäuschen. Denn er hatte zwar auf seiner Reise durchaus Soldaten und angehörige des Militärs gesehen, doch die waren entweder tod, oder waren gerade dabei sich an Gehirnen und Fleisch von anderen Toten Menschen zu laben.
    Leider muss ich dich enttäuschen…
    begann er und ging auf ihn zu „Die einzigen Soldaten die ich gesehen habe, waren Infiziert und hatten sich schon an den Leichen der Zivilisten vergangen und sie zu einem Großteil verspeist. Ich habe auf dem Weg hierher oft ganze Karawanen an Militärfahrzeugen gesehen, doch wurden die mindesten schon über 10 Jahre und mehr nicht mehr bewegt.“ erklärte er sich und schaute umher.
    Ich bezweifel das es irgendwo auf diesem Kontinent noch sowas wie Militär gibt oder sowas wie eine Regierung oder sonstige Politische Exekutive. Die wurden wohl auch selber irgendwann von innen heraus infiziert weil sie versuchten ein Heilmittel zu finden oder haben sich irgendwann selbst alle gegenseitig umgebracht.
    Er holte kurz Luft
    Zumindest kann ich sagen das die Regierung damals vor grob 20 Jahren wohl noch sowas wie das Finden eines Heilmittels versucht hat. Einige Jahre Später wurde der Stützpunkt in dem ich Stationiert war ebenfalls infiziert und noch zwei oder drei duzend Soldaten konnten sich retten. Für alle anderen kam die Hilfe zu spät. Die hatten sich wohl auch einen von den Untoten Fleischfetzen angeschafft und versucht zu untersuchen… dadurch wurde dann wohl ein Teil der forscher und Ärzte infiziert.. der Rest ist im Grunde Geschichte.
    Er seufzte kurz
    Um es kurz zu machen, es wird wohl kein Militär mehr geben das wir verständigen könnten… nicht nach 20 Jahren… und sollte es das Militär noch geben dann haben sie sich sehr gut versteckt.“ er merkte selber das er gerade wie ein Wasserfall redete, aber lieber den leuten hier direkt sagen das sie keine Hoffnung auf Militär setzen sollten statt sie im Glauben zu lassen das es irgendwo noch ein US Militär gibt oder sowas wie eine Regierung die sich nur versteckte. Nun, ob sie sich versteckten, das wüsste er natürlich nicht, aber er hatte nach 15 Jahren den glauben daran aufgegeben. So lange hatte er zumindest keinen Lebenden Menschen mehr vom Militär gesehen sondern nur noch welche die mal beim Militär waren aber kein Interesse daran hatten ihr Leben erneut zu riskieren nur um in der Hoffnung das da noch was ist durch die Gegend zu ziehen.

  4. #144


    Ding ding ding ding do da ding...

    Die leise Melodie ließ Hailes Augen aufflattern. Sie blickte dem jungen Arzt, Will, direkt in die Augen. Schnell schaute der junge Mann weg. Er hatte sich über sie gebeugt und fasste ihre kühle Stirn an, streichelte fast darüber

    "Guten Morgen."

    Sein sanftes Lächeln verwirrte Haile noch viel weiter. Hatte immer noch niemand verstanden, dass sie eine Gefahr für alle hier war. Nein. Wie denn auch?

    "..."
    "Ich denke, wir ruhen uns jetzt noch einen Abend aus und ziehen morgen weiter. Nach Nordwesten, soweit ich das mitbekommen habe."
    "...!"

    Haile setzte sich auf, wurde von Will aber wieder zurück auf den Kopf des Plüschaffen gedrückt. Nein. Sie setzte sich wieder auf und funkelte den Arzt ein wenig böse an. Der zuckte nur mit den Schultern.

    "Wie du willst. Aber sei bitte vorsichtig, ja?"
    "..."

    Gut. Leo wusste Bescheid. Das wusste Haile instinktiv. Dieser Blick, als sie ihr die Richtung gewiesen hatte - Leo hatte verstanden. Haile wickelte sich in ihre weiße Decke. Das war...ein merkwürdiges Gefühl. So weich. Haile blickte in die Runde, die sich am Lagerfeuer versammelt hatte. Leo und Lancaster fehlten, aber sonst war die ganze Familie hier versammelt. Ihre Familie.

    Will, der sich wieder von Haile abgewandt hatte und sich neben Howard niedergelassen hatte, anscheinend in ein Gespräch vertieft.
    Jackal, der ein wenig im Feuer stocherte und Haile ein aufmunterndes Lächeln zuwarf.
    Jäger und Evi, auf der anderen Seite des Feuers, lachend über eine Geschichte, die der Russe gerade anscheinend zum Besten gab.
    Eryn, die Arme um ihre langen Beine geschlungen und mit einem melancholischen Ausdruck auf die brennende, in Trümmern liegende Farm starrend
    Lexi, mit leerem Blick und leerem Herzen an Adam gelehnt.
    Jack, der noch nicht ganz angekommen schien und sich seine neuen Reisebegleiter der Reihe nach anschaute.
    Frank und Ranger, im Fachgespräch über die Kunst des Ermittelns.
    Mary, die mit dem Kopf auf ihrem Hund eingeschlafen war.
    Niki, der einen Pullover in den Händen hielt und tief den Duft des Stoffes einatmete.
    Andrea und Lisa, die sich ein Stück Fleisch teilten und Geschichten austauschten.
    ...
    Vincent, nicht hier, aber in ihren Herzen.

    Ihre Familie.

    Haile zog die Decke enger um ihren dünnen Körper und schloss die Augen. Sie werden es schaffen. Alle werden es schaffen. Die mutigen Bewohner von Shengs Hope. Und die noch viel mutigere Gruppe, die sich hier versammelt hatte. Wir werden sie retten. Sie alle.

    Haile erhob sich, eine kleine Gestalt in einer viel zu großen Decke. Langsam lief sie zu Evi, die lachend neben Jäger saß und eine ihrer Hände eng um etwas glänzendes an einem ihrer Finger gelegt hatte. Als sie Haile sah, blickte die Taucherin auf und lächelte sie breit an.

    "Heeeey, Cr...Haile."
    "..."

    Haile hockte sich vor sie und schaute Evi direkt in die Augen, Jäger ignorierend, der sie zweifelnd musterte.

    "..."
    "Wa...."
    "Sheng."
    "Was? Was ist mit Sh..."
    "Sheng."

    Haile hob ihren Arm und zeigte nach Nordwesten, wo in der Ferne die rauchenden Trümmer leise glommen. Evis Augen weiteten sich.

    "Sheng...lebt?"

    Geändert von Caro (04.10.2015 um 15:51 Uhr)

  5. #145
    Na, das ging doch noch glatt über die Bühne, dachte Jäger erleichtert. Eine Verbeugung, Danksagung und das "Gegengeschenk" waren die richtige Strategie in solchen Situationen, da machte er sich eine mentale Notiz, sollte es mal wieder darauf ankommen. Er schickte sich an, die vor ihm ausgebreiteten Gegenstände mit einer ausholenden Bewegung aufzusammeln, die Arme verharrten aber in der Luft als er Evis Blick auffing. Moment. War das alles für ihn, oder ... Kommando zurück! Rückzug, Männer! Wir müssen uns neu gruppieren.

    "Oh, sorry.", sagte er verlegen und ließ die Arme wieder sinken. "Wie ich gesagt, ich nicht gut mit sowas." Er hob die Mundwinkel zu einem entschuldigenden Lächeln. Dann setzte er eine ernste, nachdenkliche Miene auf, rieb sich dabei sogar das stoppelige Kinn, wie Sherlock Holmes bei einem kniffligen Fall.

    "Uh."

    Da wars schon wieder, dieser verbale Platzhalter hatte sich wieder erfolgreich aus seinem Mund gedrängt. Hast du dich etwa in eine Kuh verwandelt? Uuh uh muuh uhh ... Er rügte sich selbst dafür und nahm eine neue mentale Notiz auf: keine Klo-Laute absondern wenn nicht auf dem Klo.

    Seine Wahl fiel auf den Flachmann, den er in seine Hand nahm und neugierig von allen Seiten betrachtete.

    "Das ist gut, danke. Man weiß nie wann wir auf unsere große Abenteuer auf magische Vodkafluss stoßen, heh! Dann ich ihn dort vollmache und wir feiern." Er reichte Evi die restlichen Sachen, erhob sich vom Boden und schob den sympatischen Behälter in das Innenfutter seines Pullovers, dort wo vor Kurzem noch der Ring gelegen hatte.

    "Hey Eryn." sagte Jäger und wunderte sich selbst, wie heiter seine Stimme klang. So ganz ... unrussisch, ohne die ewig leidende slawische Seele, die ihm und den Seinen angeblich gemein war. "Du auch schon mal gehört von Vodkafluss? Fließt irgendwo in geheime Ort, mit Regenbogen und kleine Wasserfall, du musst dich nur drunter stellen und Mund auf machen, so, siehst du?" Jäger warf den Kopf zurück und riss den Mund weit auf, als schreie er die vorbeiziehenden Wolken an.

    "Nein, danke. Ich serviere den Fusel, das Besaufen übernehmt ihr, schon vergessen?" Eryn verdrehte die Augen, schaffte es aber nicht rechtzeitig das schnell vorbeihuschende Lächeln rechtzeitig zu unterdrücken. Sie setzten ihren Weg zum Strand fort und nachdem sie angekommen waren und sich zu den Anderen an die Feuerstelle gesetzt hatten, schwadronierte Jäger immer noch gestikulierend über das Mysterium des Vodkaflusses.

    "Wir in meine Lager damals viel davon geredet. Es war wie Legende bei uns, uuh (verdammte Scheiße, Jegor!), irgendwo soll es Fluss gegeben haben, von dem du betrunken wirst, wenn seine Wasser trinkst. Ein Kollege hat gemeint, dass bestimmt ein LKW irgendwo flussaufwärts umgekippt ist und ganze Hochprozentige in Wasser kam. Wie in schöne russische Märchen, stimmts? Glaubst du wir auch haben so viel Glück?"

    "Mir absolut egal, Junge."

    "Mir nicht. Für viele Sachen, die so rumliegen muss man oft kämpfen, nicht wahr? Auf Leben und Tod? Und dann sowas. Geschenkt! Ich finde, wir sollten Augen offen halten, ja Ev? Ich meine, unsere Leute finden und schlafende Dornröschen ans Ziel bringen gehen natürlich vor." Er hielt die Hände beschwichtigend in die Luft, als hätte ihm jemand einen Vorwurf gemacht. "Das geht vor, ist ja klar. Aber es nicht schadet auch nach kleine Wunder Ausschau zu halten. Wie Vodkafluss, hm?"

    "Ich fasse es nicht, dass ich frage aber auf was zum Teufel sollen wir denn achten? Laut grölende Eichhörnchen?"

    "Genau!", rief Jäger als hätte sie genau ins Schwarze getroffen. "Wenn Tiere des Waldes besoffen auf Waldboden verstreut liegen, dann bist du ganz nah am Ziel. Das Ledarado!"

    "Eldorado.", berichtigte ihn Evi lachend.

    "Das auch."

    Stille legte sich über die Versammelten. Jeder hing seinen Gedanken nach, so wie es die Meisten tun vor einer schwierigen Aufgabe. Es lag Gespanntheit in der Luft, eine stille Aufregung, die sich an einem wippenden Knie hier, an trommelnden Fingern auf dem Sand dort bemerkbar machte. Nach Vincents Tod wurden sich alle wieder der eigenen Sterblichkeit bewusst. Dessen war sich Jäger sicher. Ein Weg ohne Wiederkehr, den selbst diese kleinen Augenblicke, mit ihrer trügerischen Ruhe und der sanften, wohligen Wärme nicht aus dem Bewusstsein drängen konnten.

    Ihm war zunächst nicht aufgefallen, wie das seltsame stumme Mädchen neben Evi Platz genommen hatte.

    "Ah, das Kletteräffchen vom Kran.", wollte er drauflos plappern, verschluckte aber die nächsten Worte. Hat sie eben Sheng gesagt?

    Geändert von truecarver (04.10.2015 um 16:33 Uhr)

  6. #146
    Das Lagerfeuer hatte eine ganz seltsame Wirkung. Es lud zum Nachdenken ein, zum In sich gehen, aber auch zur Behaglichkeit, die man mit den anderen teilte. Nachdem Jäger und Evi es doch noch irgendwie geschafft hatten, zu Themen zurückzukehren, bei denen sie sich wohl fühlten - also Alkohol - saßen sie nun entspannt bei den anderen. Wäre um sie herum nicht alles in Trümmern gewesen, hätte Evi diesen Abend für immer als einen Schatz ihrer Erinnerungen gehütet, denn sie spürte eine wohlige Wärme in sich. Die unsichtbaren Bande, die sie mit den Leuten hier geknüpft hatte, wurden immer stärker, und das machte sie schon auch glücklich. Man brauchte nicht unbedingt einen Ort, um sich zu Hause zu fühlen, sondern nur die richtigen Menschen. Das hatte sie schon damals auf See gelernt, und in diesem Moment spürte sie es wieder ganz deutlich.

    Plötzlich tauchte vor ihr die Gestalt von Haile auf, die mit ihrer Decke fast winzig wirkte. Die Kultistin starrte sie an, was ein bisschen gruselig war, aber auch irgendwie wirkte, als wäre es wichtig.
    "Sheng."
    Evi verstand nicht worauf sie hinaus wollte, und so wiederholte Haile es noch einmal und zeigte nach Nordwesten.
    "Sheng...lebt?", fragte sie mit plötzlich heftig klopfendem Herzen, aber die Antwort konnte sie sich auch selbst geben.

    Eigentlich war es keine große Überraschung. Alle waren sich früher oder später darüber klar geworden, dass die Bewohner, die sie nicht tot aufgefunden hatten, vermutlich irgendwohin gebracht worden waren. Entführt. Und dass es solche gewesen waren, die den Teilnehmern der Mission "Aram" - also quasi den Hope'Ari - etwas bedeutet hatten. Sheng war natürlich für Haile wichtig, aber wirklich sicher konnte man ja nicht sein.
    ...Ob er nur wegen der Bindung zu Haile mitgenommen worden war? Oder vielleicht auch ein bisschen wegen...

    Evi wusste nicht, was hinter all dem steckte. Wenn es jemand herausgefunden hatte, dann hatte er mit diesen Informationen gegeizt, aber dass es Hoffnung gab wussten alle. Es aber so direkt zu hören und mit solcher Sicherheit in den Augen von Haile zu sehen, war etwas anderes. Wenn sie tatsächlich sprach war es ohnehin immer noch eine riesengroße Sensation, aber diesmal war sie sogar direkt an sie herangetreten und hatte das Wort an sie gerichtet. Sheng. Sie hatte keine Zweifel, so viel war sicher. Evi wurde heiß und kalt zugleich.
    "Wir werden ihn unversehrt zurückholen. Und wenn es das Letzte ist was ich tue, das verspreche ich dir." Ein wildes Feuer schien nun in ihren Augen zu lodern. Sie wusste, dass Haile selbst alles andere als unfähig war und so eine Zusage wahrscheinlich nicht brauchte. Aber in die Bewunderung für ihre Stärke mischte sich bei Evi auch ein bisschen der Wunsch, sie zu beschützen. Vermutlich, weil sie mit ihrer Decke und den großen Augen fast ein bisschen niedlich wirkte. Na gut, ziemlich niedlich sogar, nur mit einer Spur gruselig. Außerdem war es auch ein Versprechen an sie selbst.

    "Wir werden sie alle zurückholen.", fügte sie dann hastig hinzu, als sie merkte, dass zumindest Jäger und Eryn gehört hatten, was sie gesagt hatte. Haile sah nach wie vor nur die Taucherin an.
    Mit leicht geröteten Wangen, die man im Schein des Feuers hoffentlich nicht sah, lachte sie plötzlich und klopfte sich tatkräftig auf den Oberschenkel. "Ich hoffe wir ziehen früh los, ich kann mich kaum noch ruhig halten." Dann lächelte sie die Kultistin dankbar an. "Schließlich muss ich Sheng wohl auch mal danken. Dass er dich zu uns geholt hat, war die beste Idee aller Zeiten." Völlig unwissend, dass genau das wohl ein Grund war, weshalb die Siedlung dem Untergang geweiht gewesen war, nahm sie kurz Hailes Hand und drückte sie.

    Geändert von Lynx (04.10.2015 um 17:48 Uhr)

  7. #147
    Nach seiner Unterhaltung mit Lisa stellte Frank fürs erste seine Ermittlungen ein. Sie hatten schon einiges herausgefunden, auch wo die anderen wohl ungefähr abgeblieben waren und was vielleicht geschehen war. Es gab noch viele lose Enden die es zusammen zu schnüren gab. Einen Teil von ihnen würde er erst im Laufe der Reise beziehungsweise bei den Kultisten finden können und ein Teil hatte sich vielleicht noch hier verborgen. Dafür würde er sich noch etwas gründlicher mit seinen mitreisenden und Freunden, welche diese mittlerweile wurden, austauschen müssen. Auch diese hatten alle gründlich nachgeforscht und viel herausgefunden. Er hatte zwar bereits mit ihnen geredet aber noch nicht so ausführlich wie es nötig wäre, um alle Informationen auszutauschen.
    Jetzt wo er zumindest ein paar Antworten hatte, begab er sich nachhause. Er hatte hier alles nach Hinweisen abgesucht aber er konnte das Haus nicht so lassen. Mit einer fremden Leiche im Haus und völlig verwüstet. Er begab sich ins Wohnzimmer und fing an die verstreuten Spielsachen aufzuräumen, welche er ordentlich in den Schränken verstaute. Bevor er alles wegräumte, notierte er es sich nocheinmal gründlich, wie es gewesen war und das in allen einzelheiten. Nur für den Fall. Auch den Mann, welchen er in seinem und Silvias Bett gefunden hatte, wickelte er in das Laken ein, welches so oder so blutgetränkt und damit nicht mehr wirklich zu verwenden war. All diese Aufräumarbeiten mochten vielleicht seltsam anmuten aber es half ihm, Ordnung in seinem Kopf zu schaffen und wer immer der Mann, der neue Scavenger, gewesen war und ob er wirklich etwas mit Silvia gehabt hatte oder nicht, niemand hatte es verdient so zu sterben und dann zu verwesen. Nackt auf einem Bett, ohne Begräbnis.
    Frank ging nach draußen, suchte sich eine Schaufel und begann ein Grab zu graben. Es würde kein sehr tiefes sein aber tief genug um ihn halbwegs würdevoll zu bestatten. Wenn er es nicht tat, dann würde er weiterhin hier verwesen, bis sie wieder kehrten, in wer weiß wie vielen Wochen. Frank wusste, das sie nicht alle toten hier in so kurzer Zeit begraben konnten, aber er konnte hier zumindest einen kleinen Unterschied machen und es war immerhin auch seine Wohnstatt, er war also in gewisser Weise dafür verantwortlich.

    Geändert von wusch (04.10.2015 um 22:31 Uhr)

  8. #148


    Ohne zu zögern watete Léo weiter voran, sobald sie sah, dass Hju ihr folgen würde.
    Das eiskalte Wasser stach wie tausend Nadeln auf ihrem nackten Körper.
    Erst als die Wellen ihre Hüfte umschwappten kam sie zum Stehen.
    Eine fast schon friedliche Stille lag über der Bucht. Der Mond ging langsam auf und spiegelte sich glitzernd auf der Wasseroberfläche. Würde sich in ihrem Rücken nicht das zerstörte Shengs Hope befinden, hätte man die Szenerie fast schon als malerisch bezeichnen können.
    Léo wandte den Blick ab, um Lanaster neben sich auftauchen zu sehen. Er trieb auf dem Rücken, die Augen geschlossen.
    Aber vor allem:
    Splitter.
    Faser.
    Nackt.
    Eigentlich gab es keine Diskussion für sie. Das Buffet war eröffnet, also ran an den nichtvorhandenen Speck.
    Langsam ging sie neben ihm in die Knie. Ihre Brüste tauchten immer wieder aus dem Wasser empor, bevor die nächsten Wellen sie wieder überspülten.
    Léos Hand suchte und fand die feste Brust Hjus. Einige Moment verweilte sie einfach nur da und spürte seinen kräftigen Herzschlag, ehe sie sich auf Wanderschaft begab. An den Rippen entlang zum muskulösen Bauch, um den ihn der Rest der männlichen Gruppenmitglieder immer noch beneiden konnten. Die Fingerkuppen drehten ein paar Kreise um seinen Bauchnabel, ehe sie sich vorwitzig dem eigentlichen Ziel auf Hüfthöhe näherten- und auf halbem Weg stoppten.
    War sie wirklich so notgeil, dass sie ihn selbst wollte, wo er offensichtlich nicht auf der Höhe war und sich fast schon wie eine tote Robbe vor ihr treiben ließ? So völlig ohne jegliche Dominanzspielchen?
    Und überhaupt- was war das schon für eine verkorkste Interaktion, die sie da hatten? Jedes Mal, wenn sie sich über den Weg liefen, passierte a) gar nichts (abgesehen vom Auslösen von Hungergefühlen jeglicher Art in Léo) b) Hju spielte sich als Anführer auf und sie kuschte murrend oder c) sie fielen übereinander her, wobei b) zumindest im ersten Teil auch auftreten konnte.
    Im Grunde gar nicht so schlecht im Vergleich zu dem Fehlen an sozialem Kladderadatsch, den sie mit der Mehrheit der Gruppe betrieb. Oder dem Teil, dem sie die Kehle herausreißen wollte.
    So in ihren Gedanken begann sie ihren Kurs zu ändern und den sich als Treibgut Ausgebenden bedächtig abzuwaschen. Die nach wie vor leicht blutverschmierten Hände waren zuerst dran.
    Es gab eigentlich keinen Grund, warum das nicht gehen sollte. Er wollte sie anscheinend ebenso wie sie ihn, eine klare, unverfängliche Sache. Kein großes Drumherum, dass Alles nur verkompliziert und sie über kurz oder lang in Schwierigkeiten bringen würde.
    Die Halbmexikanerin arbeitete sich an den Armen entlang, nur das Rauschen der Wellen und das entfernte Knistern des Lagerfeuers waren zu hören.
    Wenn es nur einmal ungestört ablaufen könnte und niemand sich dachte, plötzlich auf sie zu stürzen oder ungebeten hineinzuplatzen. Im Prinzip also so eine Gelegenheit wie jetzt. Sie bezweifelte stark, dass sich noch Andere in das Eiswasser wagen würden oder überhaupt Lust auf Rumplantschen hatten. Viele von ihnen hatten wirklich an diesem Kaff gehangen und heulten sich gerade wohl gegenseitig vor, wie schlimm das doch alles ist und dass sie nun auf jeden Fall alles tun würden, um ihre geliebten Schatzis und Hasimausis wiederzufinden und/oder zu retten.
    Sie war wieder bei seinem Oberkörper angekommen und befreite diesen nun gezielt, fast schon massierend von jeglichen noch vorhandenen Spuren von dem Kampf oder was auch immer er getan hatte, um sie zu bekommen. Es interessierte sie eigentlich gar...
    Eigentlich wollte sie es schon wissen, auch wenn es gegen ihr Prinzip verstieß, Leute nicht mehr als nötig kennenzulernen. Es interessierte sie, weil er so mitgenommen davon ausgesehen hatte.
    Wie damals auf dem Dach. Es war eine sehr dumpfe Erinnerung, lange nicht so prägnant wie der Klang seines Namens oder der Rubicon Mango, aber doch noch da. Er hatte damals für einen Moment genauso einen merkwürdig leeren Gesichtsausdruck gehabt, als er ihrem kindlichen Ich erzählt hatte, dass seine Familie und Freunde weg waren. Er nicht wusste, wo sie waren. Anscheinend hatte er sie von vornherein angelogen oder hatte sie später doch noch gefunden... mit ernüchterndem Ergebnis.
    Dass er allein in Shengs Hope war und auch nicht besonders dicke mit den Anderen schien genug zu sagen. Und doch spürte die Latina den Drang, ihn danach zu fragen, was aus ihnen geworden war, wie es ihm damit ging... einfach...mehr über ihn zu erfahren.
    Ihre Wascheinlage kam kurz vor der Vollendung der Gesichtspartie abrupt zum Erliegen. Die Hände seinen Wangen lösten sich ebenso schnell wie Léo sich erhob.
    "Die Wellnessrunde ist vorbei. Komm, alter Sack...“
    Ohne Vorwarnung packte sie ihm am Bart und zog ihn hinter sich her zurück zum Ufer.

    Es war überhaupt nicht gut. Sie musste den letzten Teil ganz schnell vergessen. Es brachte überhaupt nichts, Leute über ihre Vergangenheit und Gefühlswelt auszufragen. Jeder, der noch da war, hatte eine ganz schlimme Vergangenheit und war innen total kaputt.
    Hju protestierte vehement gegen die Art seines Transports, also ließ sie ihn los und stapfte alleine voran.
    Das Einzige, was so ein Austausch bringen würde, war Anhänglichkeit und das war der erste Schritt in die Verdammnis.
    Sie packte sich ihre Stiefel und Kleidung, die in einer Linie über dem Strand verteilt lagen, ehe sie sich zum Lagerfeuer aufmachte. Die Blicke, die sie dort für ihren weiterhin nur von wasser bedeckten Körper bekam, waren ihr sowas von Schnuppe.
    Jegor, der im Scherz anerkennend pfiff, kassierte einen ihrer Reitsiefel im Gesicht.
    Trotzdem konnte sie sich ein Grinsen nicht verkneifen, als sie nach zwei Handtüchern griff. Der Russe war in Ordnung.
    Sie wickelte sich ein, als gerade der schon wieder halbangezogene Lancaster antrat.
    "Danke, Léo.“, sagte er nur.
    Ein Schnaufen und ein Handtuch gegen die Brust gedrückt waren die Antwort.
    Die Reaktion nicht abwartend verkrümelte sich Léo zu Álvaro und den dort Sitzenden. Mit dem Rücken zum Feuer, den Blick wieder zum Mond über der Bucht gerichtet, schlang sie ihre Arme um die eingewickelten Beine und versuchte einen Gedanken zu vertreiben:
    Dass ihr hier wohl einige Leute doch wichtiger waren, als sie es gerne hätte.

    Geändert von Mephista (07.10.2015 um 15:12 Uhr)

  9. #149
    Der "beinah Ertrunkene", der das Vorstellen gegenüber Jack rasch und mit enthusiastischem Handschlag nachholte, schien den Worten des Soldaten mehr als nur gern zu lauschen. Sogar die Sorgenfalten an seiner Stirn glätteten sich. Nur einmal blickte er seltsam besorgt ins Gesicht des Soldaten neben ihm. Als dieser nämlich die Infektion der Forscher durch "Fleischfetzen" erwähnte und wie dadurch alles was er kannte, den Bach runter gegangen war. Aber der Blick schien eher auszuloten, wie gut der Neue mit dem Erlebten klarkam - und was er sah, schien Jackal zufrieden zu stellen.
    "Nunja, immerhin gibt es auf diesem Kontinent scheinbar noch Leute wie dich, Jack. Mir genügt das fürs Erste. Keine Sorge, ich erwarte nicht, dass du die alte Ordnung herbeizauberst. Aber ich muss zugeben, ein wenig Disziplin, jemand der aus Gewohnheit den Überblick behält, egal ob es ums rationieren oder den Zustand dieser ... Truppe ... geht, das fehlte mir bisher bei diesen ... Siedlern." Er wollte offensichtlich klar gemacht haben, dass er noch nicht wirklich zu "denen" hier gehörte. Auch weil es für ihn scheinbar schwer war, ein passendes Wort für die Leute vor ihnen zu finden.

    Das Gefühl der Kameradschaft, das sich in ihrem kleinen Lager breitmachte, verband auch ihn inzwischen mit einigen, wenigen. Und dann waren da noch die Leute, in deren Schuld er stand. Auch er seufzte, leise, aber deutlich vernehmbar. Doch es half ihm, sehr sogar, Mary und Jack als seltene Exemplare der Wanderer, die allein in dieser Gegend überlebt hatten, bei ihnen zu wissen. Novembers Schnauben und Pfotenzucken rang ihm ab und an sogar ein Grinsen ab. Er wirkte jünger, wenn er so in Gedanken versunken war und einfach nur zuhören konnte. Mary gänzlich entspannt neben ihm schlafen zu sehen besänftigte etwas tief in seinem Inneren. Und Jacks Gegenwart war... einfach normal.

    "Disziplin und Moral. Ich glaub' die meisten kennen das Wort nicht mal mehr, geschweige denn seine Bedeutung. Aber ja, sie sind auch gut darin andere umzubringen."
    Als eine erneute Welle Gelächter losbrach, rieb er sich den verbundenen Oberarm und stemmte sich mit bedrückter Miene hoch.
    "Hoffe jedenfalls sehr, du bleibst. Kaum einer schlägt sich solange alleine durch. Würde gern sehen, was du drauf hast, Jack."

    Sie lauschten eine Weile in einvernehmlichem Schweigen der "Wodkafluss und Dornröschen"-Mär von Jäger, die einige der Gruppe zum lachen brachte. Jackals Blick war jedoch auf November gerichtet, der inzwischen wach war und ab und an in Richtung von Hailes Kopfkissen - dem Plüschaffen-Rucksack - blaffte. Jedesmal knuffte Mary ihn im Schlaf und murmelte auf ihn ein, bis er sich beruhigte. Aber Nov schlief nicht mehr, sein flehender Hundeblick wanderte nur besorgt von einem zum andern in der Runde, bis er Jackals Blick fand und sich leicht schwanzwedelnd bei seinem neuen Rudelzuwachs bemerkbar machte. Und Jackal, dessen Band zu dem Vierbeiner tief ging, wurde das Gefühl nicht los, das der Hund ihm grade echt gern in den Hintern gebissen hätte, wenn er nicht als Kissen hätte herhalten müssen; einfach weil er und alle andren Zweibeiner hier - Mary ausgenommen, da sie ja schlief - so begriffsstutzig waren.


    Es war seltsam, die Truppe so ungewohnt ... ruhig, beinah feierlich, ungeduldig auf das Kommende zu sehen. Und es wurde nicht besser, im Gegenteil.
    Nachdem Haile endlich wieder wach geworden war und sich an Will vorbei gedrückt hatte und er das seltsame Gefühl hatte, sie würde lieber auf seine Gegenwart verzichten, nickte er Jack nochmal zu, dankte ihm für seine Offenheit, betonte nochmal, dass er froh war ihn hierzuhaben und humpelte dann zum Arzt (Will) und dem alten Mann (Howard), der ständig in sein Buch kritzelte, hinüber. Nicht um um Hilfe für seine Verletzungen zu bitten - er hatte mit den Klamotten sowas wie einen Verband um den Arm improvisiert, der jedoch 'Amateur' schrie; aber seinen Dienst tat. Und sein Knöchel war höchstens geprellt, verstaucht, wieauchimmer man das nannte wenn was nicht gebrochen war, sondern einfach nur weh tat - sondern um ihm und Howard zwei der übrigen Decken vorbeizubringen.

    "Hier. Ihr solltet euch ausruhen." Jackal sagte es mit Nachdruck, als sei es ihm besonders wichtig, dass die beiden Ruhe fanden. Vor allem Will - und dessen Augenringe - musterte er eingehend und bestand sogar darauf, dass der sich einige Wasser- und Essensrationen unter seinem wachsamen Blick herunterspülte. Er hatte bei ihrer Rückkehr und auch danach nicht nachgehakt, was die Männer gesehen hatten. Doch... was es auch war, die beinahe schwarze Rauchsäule im Westen vor allem die Blicke, die Bände sprachen, hatten ihm genug gesagt. Und er schien zufrieden damit zufällig aufzuschnappen, dass die Kultisten dafür verantwortlich gewesen waren. Mehr musste er nicht wissen.
    "Ihr habt übrigends was gut bei mir. Dafür, dass ihr nach meinen Leuten gesehen habt. Wenn ihr meine Hilfe mal brauchen solltet, bin ich zur Stelle. Das war für Mum immer eine Frage der Ehre. Es is' wichtig bei niemandem in der Schuld zu stehen, selbst "kleine Gefälligkeiten" zurückzugeben. Und das... alles ... ändert nichts daran. Ich bin immer noch einer von ihren Jungs. Und das werd' ich immer sein." Man sah ihm an, wie ernst es ihm mit dem Versprechen war, auch wenn er es eilig hatte sich nach dieser Offenbarung rar zu machen. Scheinbar würde Perlmutters Erbe noch eine ganze Weile mit Jackal weiterreisen und er würde ihren Worten nicht widersprechen. Für ihn war die Sache klar: Mum zu widersprechen brachte, wie jeder Ödländer wusste, einfach 'ne Menge Unglück. Dabei war es unwichtig, ob sie einem hier oder im nächsten Leben für jede Dummheit in den Arsch trat.


    "Wir werden sie alle zurückholen."
    Das war das letzte, was er von der Gruppe hörte, ehe er sich vom Feuer fortstahl und dann das Sonnenlicht nutzte um sich nach reiflicher Vorbereitung mit eingetütetem und zurechtgetapten Knöchel nochmal ins Schiff aufzumachen. Ohne den Mantel natürlich, den hatte er sorgsam über Mary gebreitet und Nov, zusätzlich zu einer Leckerei (frei von Vodoo-Kuh-Zusätzen) noch seinen Schal umgebunden.

    Es dauerte lange, bis er die Kinder, die er mit Haile gefunden hatte, aus dem Schott bergen konnte. Aber er tat es, mit grimmiger Entschlossenheit im Blick.
    "Nicht alle. Wir werden nicht alle zurückholen."
    Mit einer Plastikplane zog er danach noch soviele gefallene Siedler auf den Markt, wie er auf den freien Plätzen finden konnte. Und als er den Haufen aus kleinen, aufgedunsenen und bleichen Kinderleibern mit Heu bedeckte und in seinen nassen Taschen ein Benzinfeuerzeug hervorkramte, dass immer noch einen Funken barg - da trat er einen Schritt zurück und blickte hoch in die schwarze Rauchsäule.

    Diesesmal erfüllte der Anblick ihn mit Frieden.

  10. #150
    Die Sonne brannte schrecklich auf sie herunter, vor Schweiß und Schmerz war das Atmen anstrengend, fast unmöglich geworden.
    Sie hatten bereits Verluste erlitten, Namen, die nur noch in ihren Erinnerungen weiterleben würden.
    Und dann hatte man sie wie Vieh weitergetrieben, nur der Zusammenhalt sorgte noch dafür, dass sie sich auf den Beinen halten konnten, sich gegenseitig schützend und stützend.
    Vor ihnen lag eine letzte große Düne und dann sahen sie es direkt vor sich aufragen... Groß, schwarz und düster.
    Nichts und Niemand würde ihnen hier noch helfen können, Ratlosigkeit und Verzweiflung waren gesät, langsam, doch unausweichlich erstarb der Silberstreif an Lebenswillen in den Augen der Gefangenen.
    Nur ein Wunder würde sie jetzt noch retten können...


    Viele Meilen an anderer Stelle, an einem ausgebrannten Ort, einer Ruine im Ödland, gelegen an der Baffin Bay:

    Nordwesten also.
    Dort lag ihr Ziel, dorthin würden sich auch die Augen von Adam wenden, könnte er sie nur öffnen, in seinem Sarg aus Silber und Metall.
    Dies war der Weg ihrer Reise gewesen, doch nun hatten sich die Vorzeichen geändert.
    Der Feind war mit Klinge und Feuer in ihre Heimat eingefallen, hatten den Ort, den sie als Shengs Hope kannten, zerstört, den dunklen Dolch damit tief in ihre Eingeweide getrieben.
    Steve war gestorben, Kinder und Alte und auch George Floyd-Williams hatte man ermordet und es waren bereits zwei Nachrichten gefunden worden, die aus dem innersten Zirkel der Kultisten zu stammen schienen.
    Ab wann war es töricht, dem Feind zu Gefallen zu sein?
    Ab wann wurde eine Falle tödlich, ein Hinterhalt unausweichlich?

    Sie waren frohen Mutes aufgebrochen, im Wissen, das Richtige zu tun und hatten dabei bereits Vincent aus ihrer Mitte verloren, der mit ihnen Seite an Seite gestritten hatte. Denn sie führten etwas mit sich, was das Antlitz der Erde für immer verändern könnte, es war vielleicht die wichtigste Reise in der Geschichte der Menschheit, sie konnten ein Feuer der Hoffnung entzünden oder es für immer erlöschen lassen. Doch sie hatten auch neue Verbündete gefunden und Unmögliches bereits wahr gemacht.
    Nun hatte ihr unbekannter Feind etwas, das ihnen gehörte, so wie er Adam vielleicht als etwas ansah, dass ihm zustehen könnte. Es schien klar und offensichtlich, dass alles auf eine große Entscheidung, möglicherweise eine letzte große Schlacht hinauslief. Sie würden um die Rettung der Welt kämpfen müssen, nun mehr denn je, alles würde von nun an schwieriger werden.

    Und so ließen sie die Rauchschwaden des brennenden Ortes hinter sich und mit ihm auch den Geruch nach Leichen und verbranntem Fleisch. Sie ließen die toten Kinder hinter sich und die gebrochenen Erinnerungen, die diesen einstmals sicheren Ort nun in einen Sieg ihrer Feinde verwandelt hatte, in ein Mahnmal dessen, wozu er fähig war. Die Gräber war, was von Shengs Hope für heute blieb.

    Die Wüste und das Ödland hatte sie nun wieder und das Gefühl, ständig beobachtet zu werden, wollte nicht abnehmen. Aus untoten Augen, die keinen Sand wegblinzeln mussten, würde man ihren Pfad vielleicht verfolgen. Halb in der Erde eingegrabene, verweste Späher wider Willen würden sich nach der kleinen Karawane umdrehen, die treu und tapfer ihrer Mission folgend den Sarg in Richtung San Antonio brachten. Im Herz dem Pfade folgend, den ihre Familien und Freunde als Gefangene ebenfalls zu gehen gezwungen worden waren. Doch solange sie einen Fuß vor den anderen setzten, solange sie lebten und sich nicht dem Feind oder dem Tode ergaben, solange waren es geliebte Menschen, die man wieder in die Arme würde schließen können.

    Und auch wenn alle Zeichen auf Sturm standen und auch wenn der Feind einen großen Sieg errungen und sie in ihrem Herzen getroffen hatte – sie waren noch hier und am Leben.
    Wie Schachfiguren auf einem weltengroßen Feld waren sie alle nun in Position gegangen, die ersten Züge waren gemacht.

    Denn sie wussten und spürten, dass der Kampf um die Zukunft der Menschheit gerade erst begonnen hatte und es keinen Grund gab, im Herzen nicht auch die Hoffnung zu finden, die ihnen als Ort und Name zwar genommen worden war, jedoch als unlöschbarer Funke in ihren Herzen weiterbrannte. Denn sie hatten etwas in ihrer Mitte, das ihr Feind nur als Perversion kannte: Freundschaft und Kameradschaft. Das Gefühl, eine Familie zu sein, das Gefühl, zusammen zu gehören. Und nach diesen gemeinsamen Tagen spürten sie es alle auf ihre Weise…



    Weiter geht es in Station 4...

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