Bei dem Anblick musste Jäger an die frische Luft. Erneut stieg ihm die Magensäure hoch und hinterließ ein ätzendes Brennen in seinem Hals. Es machte ihm sorgen, dass er so darauf reagierte. In den Wäldern hatte er Dinge gesehen, die das hier um ein vielfaches übertrafen und er hat niemals einen Moment gebraucht um sich fangen zu müssen. Ganz zu Beginn vielleicht, als sein kindlicher Eindruck von einer sicheren und liebevollen Welt allmählich in kleinste Scherbchen zerfiel. Nach dem Überschreiten dieser Schwelle gab es für ihn kein Zurück, auch jetzt nicht. Nun steht er hier draußen rum, saugt die nach verbranntem Fleisch schwangere Luft in seine Nasenlöcher und schluckt mühsam den Speichel runter um den Schmerz in seinem Hals zu lindern.
Nicht ohne sich wie ein kleiner Schwächling vorzukommen, presste er sich mit einer Hand den Kragen über Mund und Nase. Wieder im Haus angelangt, ging er rasch zu dem verkohlten Paar, das in einer ewigen Umarmung auf ihrem Bett lag und begann an dem kleinen Ring zu ziehen. Er schien festzustecken, also zog erneut, dieses Mal stärker. Immer noch weigerte sich das Stück Metall seinen rechtmäßigen Besitzer zu verlassen. Aber Jäger ließ sich von seinem Vorhaben nicht abbringen. Er zog nochmal. Und nochmal. Der verkohlte Arm zuckte steif, hob sich leicht mit jeder Anstrengung und glitt leblos zurück aufs verbrannte Bettzeug. Er benutzte die andere Hand um das Handgelenk festzuhalten und zog erneut. Es knackte. Der Kragen, mit dem er sich das Gesicht verdeckt hatte, um den Geruch fernzuhalten, rutschte ihm runter, auf Stirn und Rücken bildeten sich Schweißtropfen. Jäger fing an den Ring wie eine Schraube zu drehen, in der Hoffnung er würde sich nach und nach vom Finger lösen. Frustriert zog er erneut. Drehte ihn wieder, dieses Mal heftiger. Atemlos setzte er sich mit einem angewinkelten Bein auf das Bett um sich in eine bessere Position zu bringen. Er zog so stark wie er konnte. Mit einem Knacken löste sich der Ring mit dem verkohlten Finger von der Hand. Jäger spürte die Kälte des Metalls und das harte, verbrannte Fleisch auf seiner Handfläche. Ohne Finger und Ring voneinander zu trennen, stürzte er wieder hinaus und übergab sich. Farblose Galle hing ihm von den Lippen. Warme Tränen liefen ihm vor Anstrengung die Wangen herab. Er ging in die Hocke und lehnte sich kraftlos mit dem Rücken gegen die Hauswand.