Hin und wieder rauscht ja Einer hier durch dieses Board, oder durch ein anderes, und erzählt von seiner super tollen Idee, ein MMORPG mit dem Maker zu erstellen. Die meisten dieser Vorhaben scheitern natürlich lange bevor sie konkret werden, einfach weil die Möchtegern-Entwickler keine Ahnung haben, was sie eigentlich tun. Aber Abseits davon gibt es ja durchaus diverse Engines, die dabei auf technischer Basis helfen, und zumindest auf den ersten Blick ein Grundgerüst bereitstellen. Die theoretische Möglichkeit, ein MMORPG mit dem Maker zu erstellen, erscheint also erstmal so abwegig gar nicht zu sein.
Aber ... was ist mit dem zweiten Blick?
Nachdem ich zufällig über das hier gestolpert war http://www.rpgmakervx.net/index.php?showtopic=43275, habe ich mir selber mal ein paar rein theoretische Gedanken gemacht, weil das Projekt schon so aussieht, als stecke dort einiges an Arbeit drin. Ich bin dabei allerdings - offensichtlich im Gegensatz zu den Entwicklern - zu dem Schluss gekommen, das Maker-MMOs unmöglich zu realisieren sind. Und zwar aus einem ganz einfachen Grund: Die meisten Entwickler machen sich immer nur Gedanken über die Technik und Durchführbarkeit und vergessen darüber hinaus das wichtigste von allem: Die Spieler.
Jeder, der schon einmal WoW auf einem leeren Server gespielt hat, weiß, dass es nicht viele Gaming-bezogene Dinge gibt, die frustrierender sind, als ein MMO im Singleplayer-Modus zu spielen. Erst recht dann, wenn der Gemeinschafts-Anteil im Spiel zwingend ist, z.B. hypothetische Instanzen die mit Tank, Heiler und DD gespielt werden müssen ... so wie es das von mir gepostete Spiel zu enthalten scheint. Normalerweise haben es Maker-Spiele aufgrund ihres Nischen-Daseins ohnehin schon schwer, ein umfangreiches Publikum zu erreichen. Bei einem MMORPG - oder auch nur einem ORPG - kommt aber noch das Problem dazu, dass die wenigen, potentiell erreichbaren Spieler die es gibt, das Spiel auch noch möglichst alle zur selben Zeit spielen müssen, damit der Multiplayer-Aspekt erhalten bleibt, ohne den das Spiel nicht funktionieren würde. Für ein normales Single-Player-Maker-RPG sind 100 Spieler im Verlauf eines Jahres schon ein großer Erfolg. Für ein MMO wären sie das aber nur dann, wenn diese 100 Spieler auch alle zur selben Zeit spielen. Und das ist fast ausgeschlossen.
Während man als Entwickler eines Single-Player-Spiels also durchaus davon ausgehen kann, dass ein Spiel auch 10 Jahre nach Release immer noch irgendwie von irgendjemandem gespielt wird - das heißt, so lange es gut war - geht man bei einem MMO aber stets das Risiko ein, dass das Spiel schon 3 Wochen nach Realease aufgrund von Spielermangel tot ist und ab dann auch niemals mehr von irgend Jemandem gespielt wird - denn kein Spieler steigt in ein leeres MMO ein. Das sieht man doch sogar an kommerziellen Titeln oft genug. Die Projekte fangen ambitioniert an, laufen 3 Monate ganz passabel und dann beginnt der Spielerschwund. Das Spiel wird auf F2P umgestellt und 6 Monate nach Release redet kein Schwein mehr darüber.
Und das bei Spielen, bei denen hunderte von Millionen-$ in die internationale Vermarktung fließen.
Klar, kommerzielle Spiele agieren in ganz anderen Dimensionen. Ein WoW-Server auf dem 10 Leute gleichzeitig auf einer 'Map' unterwegs sind, kommt dem Spieler vor, als wäre er ausgestorben. Bei einem Maker-Spiel mit einer relativ überschaubaren Umwelt wären 10 Nutzer gleichzeitig auf einer Map bereits ein sehr guter Wert. Aber sind diese 10 Nutzer zur selben Zeit - und das dauerhaft - ein realistisch erreichbares Ziel? Ich für meinen Teil denke, dass dem nicht so ist.
Bei der Kombination aus Spieler + MMO kommt darüber hinaus noch ein weiterer Punkt zum tragen, nämlich der Spielumfang. Wenn zu Release 30 Leute spielen, dann bleiben diese Leute nur dann dabei, wenn entsprechend viel Content zur Verfügung steht, der sie eine Zeitlang unterhält. Aber viel Content bedeutet auch: Große Welt. Und eine große Welt erfordert wiederum noch mehr Spieler um gefüllt zu werden. Angenommen ein MMO würde aus einer einzigen Map und 10 Stufen bestehen. In diesem Fall würde das Spiel zwar kaum Content bieten, würde aber mit ~10 Spielern bereits eine ganz ordentliche Nutzung erfahren. Bieten wir aber ein Spiel, das den Spieler lange binden soll, und erstellen 100 Level und je 1 Map pro Level, würden wir selbst bei dem halben durchhscnittlichen Nutzeraufkommen - also 5 Spieler / Map - bereits 500 Spieler benötigen um unseren Server ordentlich zu füllen. Und da kommen wir schon wieder in Regionen, in denen die Frage erlaubt sein muss, ob die Maker Engine + MMO-Software derartig viele Spieler überhaupt noch handhaben kann...ganz abgesehen von der Frage, wo diese Mengen an Spielern überhaupt herkommen sollen.
Wie seht ihr das?
Liege ich total falsch und Maker-MMOs sind der totale Oberburner? Oder sind Leute, die sowas erstellen, alles Traumtänzer die Luftschlösser bauen? Würdet ihr das Risiko eingehen, jahrelange Arbeit in ein Projekt zu investieren, das, wenn es einmal tot ist, dann auch tot bleibt? Auch auf die Gefahr hin, dass das schon nach 3 Wochen passieren kann? Und was haltet ihr von den Projekten die es bereits gibt?