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Dob zog an seiner Zigarette. Er saß ein wenig abseits von den anderen Überlebenden. Der Joint wirkte noch, alles war leicht und schwer zugleich. Isabelles Tod hatte er gar nicht richtig mitbekommen. Da war sie gewesen, hinter ihnen, gerannt (hatte es doch geschafft verdammt)! Aber plötzlich hatten sie die schwarzen Tiefen hinuntergerissen, und da war sie weg.
Dob wusste nicht, was er fühlen sollte. Junge Mädchen wie Isabelle sollten nicht sterben, aber... Scheiße verdammt, hätte sie sich halt ihnen nicht so aufgedrängt, Tess und er hätten das schon alleine hingekriegt! Und wenn sie'n Macker gehabt hätte, der ihr diesen Scheißplan aus dem Kopf geschlagen hätte... wer weiß.
Er nahm einen weiteren Zug und blies den Rauch aus, die Augen hielt er geschlossen. Was auch immer. Es war gut, am Leben zu sein. Scheiße.
Er sah zu Ethan hinüber. Konnte nicht leicht für den Kleinen sein. Er kannte diese Art Mensch. Beliebt in der Schule, aber immer auf der Suche, brauchten Bezugspersonen... seine war jetzt weg. Aus seinem Leben geklaut. Und er würde sich auf jemand anders stürzen. Wahrscheinlich auf nen coolen Typen wie Dob, oder Fawyer. Helden halt. Und er, der Robin Hood unter ihnen.
Scheiße, das war gutes Gras... aber es stimmte doch, oder? Der Kerl war ein Dieb, ein verdammter Gefühlsdieb, und er... er nimmt von den reich Gesegneten und gibt es den Benachteiligten. Braucht Bezugspersonen, die ihn anbeten oder die er anbeten kann, denen er geben oder von denen er nehmen kann...
Woah, woah. Was zur Hölle war das für ein Scheiß gewesen. Hatte er gerade echt eine halbe Stunde lang über Ethans... Psyche oder was auch immer nachgedacht? Oder waren es nur fünf Minuten gewesen?
Dob begutachtete stirnrunzelnd den Beutel Gras. Was für Teufelszeug war das? Tess hatte wohl doch nicht übertrieben.
"Dob, ich glaube, ich glaube ich könnte was zu rauchen gebrauchen."
Völlig unverwandt stand sie auf einmal da. Die Ärztin sah rastlos aus. Ihre Worte waren kühl und knapp, aber etwas nagte an ihr.
Dob reichte ihr den Tabak hin. "Greif zu, Schätzchen. Und ein kräftiges Hoch auf's Leben." Er grinste. Das tat er immer, wenn Leute so wirkten, als ob etwas an ihnen nagte. Oder sich generell anders verhielten, als sie sollten.
Tess trat ein wenig näher heran. "Ich dachte eher... mit Gras." Ein kurzes, verkrampftes Lächeln. "Das wäre gut."
Dob zog die Augenbrauen überrascht hoch. "Frau Doktor, bist du sicher? Ich mein ja nur, wir stecken auf dem Dach einer Lagerhalle fest und haben keinen Plan wie's weitergehen soll. Und ich werd mir hier garantiert keinen funktionierenden Fluchtplan ausdenken, nicht so mein Spezialgebiet, weißte? Und hey, ich würd mich ja gern mal als verdammter Chirurg versuchen aber ich glaube die Leute da drüben wären irgendwie froher, wenn sie wüssten dass ein echter, nüchterner Arzt sie wieder irgendwie zusammenflickt, wenn's nötig ist!"
Dob lachte schallend auf. Diese Tess war schon eine. Bei der wusste man nie, was als nächstes kommt. Und manchmal musste man sie anscheinend daran erinnern, was für eine verdammte Kontrollbestie sie war.
Den kurzen verzweifelten Blick sah er nicht. "Ja natürlich... du hast Recht. Besser nur eine normale Zigarette. Kannst du mir die vielleicht drehen? Ich meine, wenn Fluchtpläne schon nicht dein Spezialgebiet sind..." Fahrig gestikulierte sie mit den Händen in Richtung Tabak.
"Naja, mein eigentliches Spezialgebiet ist ja da unten zwischen meinen Beinen, ich meine, verdammt! Nicht zu vergessen Heldenmut, gutes Aussehen und unvergleichlicher Witz..." Dob redete vor sich hin, während er die Zigarette für Tess drehte. "...aber anscheinend sind auch erstklassige Zigaretten eine Spezialität von mir. Ich hab einfach zu viele gottverdammte Talente."
"Obendrein bist du ein selbstsüchtiger Labersack, der wirklich immer was auf die Fresse verdient hat, aber dafür hast du ja mich. Jetzt hör auf zu quatschen und gib her, ich muss gleich weiter und diese verdammten Blagen untersuchen, hab's Clover versprochen."
Tess steckte sich die Zigarette sofort zwischen die Lippen und fummelte mit dem Feuerzeug herum. Schließlich sog sie tief ein und ließ blies den Rauch sogleich wieder durch ihre Nase aus. Dob musterte sie.
"Aus dir werd mal einer schlau. Ehrlich. Gestern prügel ich dich zu Brei, und seitdem bin ich dein bester Kumpel. Verdammt, die Prügel hattest du echt verdient, aber ich kapier's nicht."
Für eine Weile starrte Tess Dob bloß mit großen Augen an. Er hielt sofort die Klappe, aber es war geschehen. Irgendein Damm in ihr war gebrochen.
Sie warf sich einfach noch vorne, direkt in die Arme des vollkommen überrumpelten Dob. Zwei kraftlose Hiebe landeten an seiner Brust, und er fragte sich noch, ob er sie jetzt wieder ohnmächtig prügeln musste. Da hörte er ihre Schluchzer. Gepresst drangen sie aus heißer Lunge gegen seine Schulter. Ihm blieb gar nichts Anderes übrig, als ihr unbeholfen über den Rücken zu streicheln. Schließlich schluckte sie mehrmals. Sie änderte ihre Position kein bisschen und weinte einfach in seine Schulter hinein.
"Ja verdammte Scheiße, du bist mein bester Kumpel, kapiert? Weil du nen Schlag hast, der einfach keine Kompromisse kennt, und weil du diese Scheiße hier einfach so schluckst und dich einen Dreck um irgendwas Anderes kümmerst als darum, wen du als nächstes flachlegen kannst! Und weil du mir offen sagst, wenn ich Scheiße baue. Und weil du es irgendwie, irgendwie geschafft hast, dass du vielleicht die einzige Person hier bist, der ich sowas sagen kann."
Sie machte eine kurze Pause. "Es ist alles zu viel langsam, okay? Ich dreh total am Rad."
Dob strich ihr vorsichtig durchs Haar. Einige Zeit standen sie einfach so da. Sie drückte sich noch enger an ihn.
"Dob-"
"Ey Schätzchen, keine Bange, das wird schon wieder."
"Dob, hast du-"
"Die Idee ist, einfach nicht so sehr auszuticken. Du bist ne gute Person, aber so'n Nervenzusammenbruch steht einfach niemandem gut-"
Tess wandte sich aus Dobs Umarmung. Sie starrte auf die riesige Beule in seiner Badehose. Dann blickte sie ihm direkt in die Augen.
"Dob, hast du gerade echt einen Ständer bekommen, als ich dir mein Herz ausgeschüttet hab?"
Er grinste verlegen. "Naja du musst zugeben, es war ne ziemlich heiße Situation, und..."
"...und jetzt stehen wir hier. Alle drei." Tess schüttelte leicht den Kopf. Wie schaffte dieser Kerl das bloß? Sie trat direkt vor ihn und presste ihre Lippen hart auf seine. Der Kuss dauerte nur wenige Sekunden. Dann ließ sie von ihm ab und gab ihm sogleich eine schallende Ohrfeige. "Du bist echt unmöglich, aber ich wünschte ich wäre nur einmal so fokussiert auf etwas wie du. Jedenfalls... du bist nicht ganz mein Typ. Und ich glaube, das gilt auch umgekehrt." Sie hielt kurz inne, und ein wenig Wärme trat wieder in ihre Stimme. "Trotzdem, danke."
Ihr Blick fiel noch kurz auf die Beule in der Badehose. Dann wandte sie sich ab und machte sich auf die Suche nach den beiden Kindern. Die anderen Überlebenden sollte sie auch noch überprüfen, nur für alle Fälle. Und dann würde sie mit den Anderen überlegen, wie sie hinter diese Mauer kommen könnten. Es musste irgendwie gehen, und sie würden es zusammen herausfinden.
Plötzlich prustete sie los vor Lachen. "Ich will echt mal wissen, wie du das machst", murmelte sie leise grinsend vor sich hin.
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