Ja, ich weiß, dass ich noch viel vor mir habe. Growlanser interessiert mich auf jeden Fall auch sehr. Vielleicht probiere ich aber vorher noch Langrisser aus. Vielleicht nächstes Jahr oder so.
So, ich hab mich mal wieder meinem virtuellen Retro-„Backlog“ gewidmet und mit den NES-Spielen weitergemacht. Dragon Quest IV ist der letzte Teil der Serie für den NES und meiner Meinung nach auch das beste der vier Spiele. Das Spiel schafft es meiner Meinung nach ziemlich gut, die bewährten Tugenden der Serie zu nutzen und sich trotzdem anders anzufühlen. Abgesehen davon hat Dragon Quest IV von den frühen Teilen auch mit Abstand die beste Geschichte, was auch der Art des Storytellings zuzuschreiben ist.
Fünf Kapitel, fünf Perspektiven
Dragon Quest IV ist das erste Dragon Quest (und auch das erste JRPG, glaube ich) das einen neuen Ansatz zum Erzählen einer Geschichte gewählt hat. Das Spiel ist nämlich in fünf Kapitel aufgeteilt, und in jedem Kapitel hat man andere Hauptcharaktere. Man spielt:
1) Einen Soldaten
2) Eine Wildfang-Prinzessin, die aus dem Schloss abhaut
3) Einen Händler mit dem Traum, einen eigenen Laden zu eröffnen
4) zwei Tänzerinnen-Schwestern auf der Suche nach Rache
5) Den „Helden“ und alle anderen
Die ersten vier Kapitel machen etwa die Hälfte des Spiels oder ein bisschen weniger aus. In Kapitel 5 fängt man mit dem Helden an, doch nach und nach stoßen alle anderen Charaktere dazu. Der Ablauf ist einigermaßen chronolgisch, doch die ersten vier Kapitel überlappen sich teilweise. Es kommt auch vor, dass man Charaktere aus den vergangenen Kapiteln als normale NPCs begegnet, was ich persönlich sehr nett fand. Das Schöne an der ganzen Sache ist, dass die Erzählung dahinter ziemlich intelligent ist, denn jedes Kapitel dient als Charaktereinführung, trägt aber auch einen Teil zur Haupthandlung bei und es gibt viel Foreshadowing. Dass sich alles um den Helden drehen wird, erfährt man dabei schon ziemlich früh. Es gibt auch ein bisschen Abwechslung im Gameplay. In Kapitel 3 muss man zum Beispiel gar nicht so viel kämpfen, sondern auf anderen Wegen Geld machen. Etwa, in dem man in seinem eigenen Laden Dinge an Kunden verkauft.
Auch musikalisch gibt es Abwechslung: Jedes Kapitel hat eine eigene Weltkartenmusik und teilweise auch ein eigenes Battle Theme. Mittlerweile mag ich Koichi Sugiyama auch echt gern. Der Typ hat einen tollen eigenen Stil, der teilweise sehr stark an klassische Musik erinnert. Grafisch sieht Dragon Quest IV dem Vorgänger sehr ähnlich und ist also bunt, klein, simpel und charmant. Die Welt von den Ausmaßen her auch wieder sehr groß für ein NES-Spiel, die Spielzeit allerdings ein wenig unter der des Vorgängers. (Zumindest bei mir.)
Aber selbst ohne diese verschiedenen Perspektiven ist die Geschichte von Dragon Quest IV für seine Zeit nicht schlecht, denn sie macht nicht davor halt, auch ernstere Themen wie Charaktertode, zerstörte Dörfer und z.B. eine am Abgrund stehende Minenstadt mit einzubringen. Der gewohnte Dragon-Quest-Charme bleibt natürlich nach wie vor erhalten, und die Welt wirkt wie beim Vorgänger wieder einmal sehr lebendig. Die kleinen Sidestorys sind sehr schön (im Vorgänger allerdings noch ein wenig besser) und zahlreich, haben wegen der präsenteren Hauptstory aber nicht ganz die Dominanz wie im Vorgänger.
Dragon Quest IV ist auch das erste Dragon Quest (und möglicherweise das erste klassische JRPG), in dem man sich im späteren Verlauf seine Party selbst zusammenstellen kann. Man hat über zehn Charaktere aus denen man wählen kann. Auf der Weltkarte sieht man immer die vier Party-Charaktere herumlaufen, die um eine Kutsche angeordnet sind, in der sich der Rest befindet. Die Kämpfe wurden auch ein wenig angepasst: Dem Helden kann man selbst Befehle erteilen, aber alle anderen handeln nach einer KI. Verschiedene Einstellungsoptionen hat man im Menü – da kann man sich z.B. für eine defensive oder offensive Taktik entscheiden.
Neben der Kutsche, die man braucht, um eine Wüste zu durchqueren, gibt es wieder ein Schiff und diesmal statt eines Drachens einen Heißluftballon. Das ist zwar noch kein fliegendes Bett, aber trotzdem haben das wenige RPGs. Traditionell gibt's auch wieder drei Schlüssel, die man benötigt, um verschiedene Arten von Türen auf der Welt zu öffnen.
Dragon Quest IV hat sogar einen Antagonisten mit einer Persönlichkeit und einer Vergangenheit. Es läuft zwar darauf hinaus, dass er alle Menschen vernichten will, weil eine Geliebte von ebenjenen Menschen ermordet wurde – aber hey, immerhin. Dabei muss ich sagen, dass der Tod der Geliebten in der Tat hasserregend ist. Sie war nämlich eine Elfe, deren Tränen sich in Rubine verwandelt haben. Deshalb wurde sie von den Menschen gefoltert, um mehr Rubine zu weinen – letztendlich gefoltert bis in den Tod. Bis zu ihrem Ableben hat sie aber stets versucht, Saro bzw. Necrosaros (so heißt der Antagonist) davon abzuhalten, die Menschen zu hassen.
Insgesamt kam mir der vierte Teil auch schon viel spielerfreundlicher vor. Der Schwierigkeitsgrad war in der Regel recht fair. Bosskämpfe waren teils ziemlich hart (besonders der letzte!) und in langen Dungeons mit starken Gegnern konnte es manchmal brenzlig werden, aber es war schon mal viel schlimmer. Leider ist die Encounter Rate noch immer sehr hoch. Grinden muss man auch, aber durch Metal Slimes und Verwandte kann das, wenn man etwas Glück hat (oder einen Emulator nutzt ), recht schnell gehen.
In Dragon Quest IV haben auch die Slimes an Bedeutung gewonnen, die es nicht nur als Gegner, sondern auch als NPCs gibt. Einmal habe ich mich erschreckt, als sich acht Slimes im Kampf plötzlich in einer coolen Animation zu einem King Slime verwandelt haben. Solche Sachen machen die Kämpfe lebendig, war sehr cool!
Am Anfang hat es sich sogar noch ziemlich locker gespielt und jedes Kapitel war quasi ein neuer Anfang. Die neuen Charaktere haben auch immer auf Level 1 gestartet. In der gesamten ersten Hälfte musste ich auch quasi gar nicht auf eine Komplettlösung zurückgreifen – das begann erst mit Erhalt des Schiffes (und folglich größerer Freiheit). Ach ja, und es gibt in dem Spiel sogar eine Karte.
Fazit: Dragon Quest IV hat mir ziemlich gut gefallen und gehört wohl zu meinen NES-Favoriten. Mit einem interessanten Storytelling, einer großen Welt, viel Einfallsreichtum und viel Charme schafft es dieser Teil, der Serie treu zu bleiben, aber trotzdem neue Wege zu beschreiten. Zwar ist das Gameplay immer noch sehr auf Kämpfe ausgelegt, aber wenn man mit Emulator spielt, kann man die Grind-Sessions sehr schnell bewältigen und unnötigen Frust vermeiden. Insgesamt ein sehr schönes Spiel.