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Thema: Egal wie alt ich werde...

  1. #1

    Egal wie alt ich werde...

    Hallo,
    dies wird der Versuch, eine etwas längere Geschichte von mir zu posten. Da es hier eine handvoll Leute gibt, die gerne lesen was ich so in meine Tastatur tippe, habe ich die Hoffnung, dass es zumindest ein paar User gibt, die das tatsächlich lesen werden. Trotzdem werde ich es stückchenweise posten. Alles auf einmal ins Forum zu stellen, würde wahrscheinlich eher abschreckend wirken. Ich sehe dann ja zumindest an den Hits, ob es auch nach dem dritten Tag noch jemanden interessiert

    Eine inhaltliche Bemerkung noch: Diese Geschichte ist „anders“ als meine anderen, da ich sie aus der Sicht eines Mannes geschrieben habe. Ein guter Freund hat mir erzählt, wie er damals die erste Verabredungen mit seiner jetzigen Freundin erlebt hat. Das hat mich dann auf die Idee gebracht, zu versuchen mich in den Kopf eines männlichen Wesens hinein zu versetzen und eine lustige Version so eines „ersten Dates“ zu schreiben.

    Ich hoffe ihr habt Spaß dran!



    Egal wie alt ich werde, in mancherlei Hinsicht bleibe ich ein Teenager

    Kapitel 1
    SIE hat „ja“ gesagt! Tatsächlich...Wahrhaftig...Unbestreitbar...

    SIE ist mir schon damals auf der Einzugsparty von Ole und Steffi aufgefallen. Vor ein paar Wochen, auf Steffis Geburtsfeier, bin ich sogar mit ihr ins Gespräch gekommen. Nichts Großartiges - was auf solchen Partys halt möglich ist. Außerdem saß Dirk auch die ganze Zeit dabei und er und ich haben uns nichts sehnlicher gewünscht, als dass der jeweils andere schnellstmöglich verschwinden möge.
    Trotzdem hat es gereicht, um bei der Verabschiedung noch ihre Handynummer zu erfragen, ohne dass es all zu aufdringlich wirkte. SIE hat sogar ausgesprochen süß reagiert und gemeint, dass SIE mich auch schon fragen wollte, aber sich nicht traute.

    „Nicht getraut“ habe ich mich dann aber zunächst einmal, denn obwohl ich nur 11 Ziffern davon entfernt war, ihre liebreizende Stimme zu vernehmen, scheute ich doch davor zurück. SIE anzurufen (wenn ich ehrlich bin, muß ich gestehen, dass ihre Stimme eigentlich gar nicht so toll ist).

    Ich mag nicht telefonieren und schon gar nicht mit Menschen die ich kaum kenne. Was soll ich bloß sagen? Was für Themen interessieren SIE? Was für Themen interessieren mich eigentlich? Wird es mir gelingen, witzig und charmant zu sein? (Wobei es selbstverständlich von vornherein ausgeschlossen ist, „witzig und charmant“ zu sein, wenn man sich darum bemüht). Werde ich ihre unterschwelligen Signale auch ohne Gestik und Mimik richtig deuten? Was, wenn SIE gar keine Signale sendet? Ist ihr Schweigen am anderen Ende der Leitung eine Form von gequälter Langeweile, oder gefesseltem Interesse? Wie tarne ich am geschicktesten, dass ich in Wirklichkeit ein Langweiler bin und warum zum Kuckuck, hab ich ihre Emailadresse nicht? Schriftlich wäre es doch soviel leichter...
    Und die wichtigste Frage von allen: Werden wir bei diesem fürchterlichem Handygepiepse überhaupt das Wort des anderen verstehen?

    Bei so vielen sich androhenden und größtenteils schwerwiegenden Problemen, sank mein Mut, und ein Mann kann schon mal ins Grübeln geraten. Ehe ich mich versah, waren vier Tage um, und ich hatte mich nicht bei ihr gemeldet.
    SIE jetzt noch anzurufen, würde zusätzlich zu all den anderen Hindernissen auch noch bedeuten, mich dafür rechtfertigen zu müssen, warum ich mir mit dem Anruf solange Zeit gelassen habe.
    Mehrere Tag nichts von sich hören zu lassen, ohne dies plausibel erklären zu können („ich bin vom Bus überfahren worden“ wäre grade noch akzeptabel) signalisiert schließlich ein gewisses Desinteresse. Sich nach dieser Zeit noch zu melden, würde ganz bestimmt den Eindruck von: „Du bist zwar nicht allererste Wahl, BABY, aber da sich sonst nichts anderes ergeben hat, BABY, bist eben du heute die Glückliche, BABY“ erwecken.
    In meinem Fall hätte es natürlich bedeutet „Ich bin schüchtern und verklemmt und meine Minderwertigkeitskomplexe ruinieren mein Leben“, aber das kann SIE ja nicht ahnen und wenn ich es recht überlege, wäre es mir eigentlich sogar lieber, wenn SIE ersteres glaubt.

    Die Tage zogen ins Land, die letzten BB-Bewohner verschwanden aus den deutschen Musikcharts, ehemalige VIVA-Moderatorinnen durften Samstag Abendshows moderieren und ich hatte nicht angerufen.
    Mittlerweile war ich sogar über das Stadium hinaus, mich über meine „Zurückhaltung“ zu ärgern, als ich eine SMS von ihr bekam. SIE schrieb, wie es denn am Samstag mit Kino aussähe.

    Abgesehen davon, dass diese Frage nicht an mich, sondern eine gewisse „Daniela“ gerichtet war, brauchte SIE von meiner Seite aus, keinerlei Widerstand erwarten.
    Offensichtlich ist SIE in ihrer Adressenliste jedoch nur um eine Zeile verrutscht. Andererseits war es für mich eine günstige Gelegenheit mich doch noch bei ihr zu melden und mir überdies einzureden, dass diesem „Irrtum“ bestimmt "wohl kalkulierte weibliche Raffinesse" zu Grunde lag, um mit mir Kontakt auf zu nehmen. Ähnliche Tricks hatte ich schließlich auch schon selbst angewendet.

    Ganz unverfänglich schrieb ich zurück, dass es mir zwar nicht bekannt sei, dass wir Samstag als Kinotermin ins Auge gefaßt hätten, aber dass ich – wie der Zufall es will – an besagtem Tag noch nicht vorhätte, was dem im Wege stände.
    Es sollte sowohl unterhaltsam wie beiläufig klingen , aber zumindest letzteres ruinierte ich schon allein durch den Umstand, dass ich die gesamte Nachricht auf drei SMS strecken musste. Wie kann etwas beiläufig klingen, wenn man drei SMS benötigt um „Sie haben sich verwählt“ zu sagen?

    Trotz dieser offensichtlichen Unbeholfenheit piepste kurz darauf erneut mein Handy. SIE antwortete mir! Ich hatte SIE offenbar nicht vergrault. Womöglich fand SIE mich witzig. SIE wollte vielleicht sogar wirklich mit mir ins Kino. SIE schrieb: Bist du der süße Blonde aus dem „Gorky Park“ vom letzten Samstag?

    Tja...ich bin nicht blond, „süß“ ist ein Attribut, dass Frauen bislang eher selten zu mir eingefallen ist und obwohl das „Gorky Park“ zu den von mir geschätzten Kneipen gehört, war ich letzten Samstag nicht dort, sondern auf einem Konzert (aber das ist eine andere Geschichte...).

    Ich spielte kurz mit dem Gedanken ihre Frage trotzdem zu bejahen und überlegte, wo ich wohl eine blonde Perücke her bekomme. Diese alberne Idee verwarf ich allerdings schnell wieder. Zwar scheint es um ihr Namensgedächtnis nicht besonders gut bestellt zu sein und die Zahl ihrer Verehrer größer als gedacht, aber das wäre womöglich so plump, dass es auffallen könnte.

    Ich schrieb ihr (in EINER SMS) zurück, dass da wohl ein Irrtum vorläge und wir uns auf Steffis Geburtstag kennengelernt haben. Wenn SIE sich daran noch erinnern könne, fiele ihr bestimmt auch wieder ein, dass ich nicht blond bin. Sie solle doch Daniela besser noch mal anmailen, um sicher zu gehen, dass SIE sie erreicht hat.

    Sekunden später klingelte das Handy (ein Anruf!) und ihr Lachen klang in meinem Ohr. Unter Gekicher, warf SIE mir vor, ich solle doch nicht so schrecklich verbissen und humorlos sein. Es gäbe keinen blonden Jungen in ihrem Leben und selbstverständlich wäre schon die erste SMS für mich gewesen, weil SIE es Leid war, noch länger darauf zu warten, dass ich mich melde.
    Von Steffi wisse SIE, dass ich wohl gehemmt bin, weil ich in den letzten Jahren so wenig Verabredungen mit Frauen hatte, aber es mir nicht an Interesse an ihr mangelt.

    Tatsächlich hatte ich mit Steffi letztens telefoniert und mich sehr ausführlich über SIE erkundigt. Steffi bekommt zum nächsten Geburtstag einen Maulkorb von mir...und demnächst einen extra großen Blumenstrauß.

    Der Redeschwall, mit dem SIE mich im folgenden eindeckte, kam mir ganz gelegen, denn durch soviel entwaffnende Ehrlichkeit war ich derart perplex, dass ich ohnehin keines klaren Gedankens fähig war, geschweige denn ein verständliches Wort heraus gebracht hätte.
    Kennt diese Frau die Spielregeln nicht? Guckt SIE keine deutschen Seifenopern und amerikanische Sitcoms? Man kann doch nicht einfach sagen, was man denkt und will. Das geht doch nicht, das mach doch das ganze System kaputt.
    Tricks, Täuschung und Tarnung sind gefragt. Verschleierung der wahren Absichten, Missverständnisse provozieren und tagelang über die Bedeutung eines Lächeln und die Stimmlage im Abschiedssatz grübeln. So haben sich Menschen zu verhalten, die um einander werben. SIE kann doch nicht einfach sagen, dass SIE mich gerne wieder sehen würde, das könnte ja im Endeffekt zu einem richtigen, realen Treffen führen. Die Kleine hat noch viel zu lernen.

    „...und wann paßt es dir am besten?“, hörte ich aus dem Telefon.
    Paßt mir was am besten? Vielleicht hätte ich doch mal zuhören und nicht nur denken sollen. Aber wie jetzt reagieren? Eine banale Zustimmung könnte bedeuten, dass ich mich verpflichte, ihre Ikea-Regale zusammen zu bauen, aber wenn ich zu offensichtlich nachfrage, bemerkt SIE, dass ich ihr nicht genügend Aufmerksamkeit gewidmet habe.
    „Wann paßt es dir denn am besten, ich bin zeitlich ziemlich ungebunden“ erschien mir eine noch halbwegs unverfängliche Erwiderung.
    „Na dann lassen wir es doch einfach bei Samstag. Wir können dann ja kurzfristig entscheiden welchen Film wie sehen wollen, Hauptsache ist doch, dass wir uns endlich treffen. Holst du mich ab?“

    SIE hat „ja“ gesagt! Tatsächlich...Wahrhaftig...Unbestreitbar... und ich hab noch nicht einmal eine Frage stellen müssen.

    „Knarzgrafulfbränggagabusch“ war alles was ich zunächst rausbrachte. „Äh, ja...kann ich machen...warum nicht...natürlich...das versteht sich doch von selbst...kein Problem...wann soll ich da sein...das heißt...nein...halt...Moment mal...das geht nicht, denn: Ich habe gar kein Auto“.

    Oh mein Gott, ob SIE mit einem Gehirnamputierten wie mir, tatsächlich ihre Zeit verplempern will?

    Erneut dringt schallendes Gelächter an mein Ohr. „Oh, bist du süß. Ist doch kein Problem, dann holen wir eben dich ab. Ist 19.00 Uhr okay? Ich freue mich sehr auf dich, bis dann“ *KLICK*

  2. #2
    Eines Vorweg:
    Einen Stammleser hast du schon einmal sicher.

    Die Art, wie du die Gedanken des Protagonisten beschreibst, finde ich wirklich witzig... Und ich als Mann (wenn man mich zumindest rein physisch gesehen als einen erwachsenen Mann bezeichnen will ) kann dir zumindest beruhigend versichern, dass dein Versuch, sich in einen männlichen Geist hineinzuversetzen, ziemlich gelungen ist

    Wenn du also mehr davon postest - ich werde sofort zum Lesen zur Stelle sein ^^

  3. #3
    Echt tolle Geschichte.
    (Wie bist du an unsere heiligsten Geheimnisse herangekommen )

  4. #4
    Zitat Zitat
    Original geschrieben von NeoInferno

    (Wie bist du an unsere heiligsten Geheimnisse herangekommen )
    würd ich auch gerne mal wissen
    und woher weisst du wie es mir bei sowas immer geht

    Also ich bin auf jedenfall mit von der Partie... Ich könnte es auf keinen Fall besser beschreiben(bin aber auch nicht gerade Kreativ wenns darum geht texte zu verfassen) und freu mich auf jeden fall schonmal auf mehr davon...

    man liest sich

    MoM

  5. #5
    Zitat Zitat
    Original geschrieben von NeoInferno
    (Wie bist du an unsere heiligsten Geheimnisse herangekommen )
    Zum einen beruht die Geschichte ja auf der sehr ausführlichen Schilderung eines Freundes. Ihr müßt euch also bei ihm beschweren, wenn er wohl gehütete männliche Geheimnisse an den Feind verraten hat. Ich hab es lediglich niedergeschrieben und dabei ein bisschen "ausgeschmückt"
    Aber als Entschädigung zweiten erzähl ich euch auch mal ein Geheimnis: Sooooo unterschiedlich sind Männer und Frauen gar nicht...


    Weiter gehts...

    Kapitel 2

    SIE findet mich süß. SIE freut sich auf mich. SIE geht tatsächlich mit mir ins Kino. SIE...
    Wer ist eigentlich „wir“??? Was für Details habe ich denn da noch überhört? Meint SIE eine gute Freundin? Oder gar ihren Freund? Wieso hab ich nie danach gefragt, ob SIE überhaupt Single ist? Sollte ich selbst einen Freund fragen, ob er mitkommt (aber sicherlich nicht Dirk)? Wäre es nicht peinlich noch mal an zu rufen und danach zu fragen? Könnte es nicht viel peinlicher werden, wenn ich es nicht täte?

    Jedenfalls brauchte ich mir jetzt keine Sorgen mehr darüber zu machen, die nächsten Tagen womöglich gelöst und locker und ohne ausgeprägtes Grübeln zu verbringen.

    Freitag Nachmittag faste ich mir dann doch ein Herz und rief SIE an, um die Situation zu klären.
    Mittlerweile hatte ich zwar bereits ein knappes Dutzend Freunde in Alarmbereitschaft versetzt, die sich allesamt vorsorglich den Samstag abend frei hielten, damit ich auf alle Eventualitäten vorbereitet war, aber im Sinne einer vernünftigen Planung, war es mir dann doch lieber, rechtzeitig Bescheid zu wissen.

    „Welch schöne Überraschung, dass du anrufst“ waren ihre ersten Worte und die Stimme klang so, als hätte SIE dabei ein umwerfend strahlendes Lächeln im Gesicht.
    „Hallo“, stammelte ich mühsam, wohl wissend, dass die Begrüßung mit all ihrer Herzlichkeit zwar ganz speziell mir gelten, andererseits aber auch genauso gut zu dem Repertoire gehören konnte, das diese „Immer-gut-drauf-Menschen“ jedem zu Teil werden lassen.

    Ich hasse diese „Immer-gut-drauf-Menschen“ und werde sie nie verstehen.

    „Ich...äh...wollte nur sagen, dass Thomas kurzfristig abgesagt hat und ich wohl doch ganz alleine mitkommen muss“ (eine dümmere Lüge wollte mir trotz mehrstündiger Warmlaufzeit vor dem Anruf einfach nicht eingefallen).
    „Oach, kein Problem, Daniela hatte sowieso kein Interesse uns zu stören und da du nichts weiter gesagt hast, bin ich sowieso davon ausgegangen, dass wir zu zweit bleiben. Ist ja so auch viel gemütlicher und wir werden uns schon nicht langweilen“.

    Irre ich mich, oder klang ihr Lachen diesmal nicht ganz so unschuldig wie sonst?

    Im Hintergrund höre ich eine Männerstimme nach ihr rufen „Du, ich muss jetzt Schluss machen, bis morgen *Bussi*“.
    Galt der Bussi mir? War es überhaupt ein „Bussi“? Vielleicht sogar ein Küsschen? Oder waren es doch nur die letzten Reste des Abendessens?
    Wem gehörte die Stimme im Hintergrund? Was genau meinte SIE mit „gemütlich“ und „nicht langweilen“?
    Fragen über Fragen...viel Stoff, um mir auch diese Nacht wieder – vollkommen sinnlos - den Kopf zu zerbrechen.

    Es wurde Samstag, 14.00 Uhr, und ich saß geduscht, gefönt, rasiert und parfümiert in meiner Wohnung. Ich trug meine Lieblingsklamotten und musste nur noch lächerliche 5 Stunden überbrücken, bis ich abgeholt werde würde.
    Wie ich da so erwartungsvoll hockte und mein Blick durch mein Zimmer wandern ließ, fiel mir auf, dass ich in einem fürchterlichen Chaos lebe, das gewiss keinen guten Eindruck auf SIE machen würde. Aber schließlich holte SIE mich ja nur ab. Ich öffne kurz die Wohnungstür und komme ihr gleich entgegen, da hat SIE gar keine Gelegenheit diesen Schweinestall zu registrieren. Notfalls könnte ich mich auch gleich raus an die Straße stellen.
    Aber was, wenn SIE sich noch schnell „die Hände waschen“ will...oder anschließend die berühmte Frage „zu dir oder zu mir“ gestellt wird? Diese Ikea-Werbespot mag ja witzig sein, aber so eine Situation wollte ich eigentlich lieber nicht erleben.

    Panik erfasste mich, als mir bewusst wurde, dass es nur noch 5 Stunden sind, bis SIE kommt und ich entschloss mich doch dazu, schleunigst die gröbsten und offensichtlichsten Schmutzherde in Angriff zu nehmen.

    Um halb Sieben hockte ich auf allen Vieren in meinem Badezimmer und putzte das Klo. Neben der Eingangstür standen drei prall gefüllte 120 Liter Müllsäcke, Waschmaschine und Trockner liefen auf Hochbetrieb, meine Nachbarin half mir glücklicherweise noch mit frischen Staubsaugerbeuteln aus, Insekten konnten wieder einfach so durch das offene Fenster fliegen, ohne sich gleich in einem Spinnennetz zu verfangen (eigentlich war der alte Zustand gar nicht so unpraktisch), meine CDs standen wieder alphabetisch geordnet im Schrank und frisches Besteck und saubere Gläser hätte ich zum ersten Mal seit Wochen, wieder direkt aus dem Schrank nehmen können, anstatt in einer plörrigen Abwasserbrühe danach zu tasten, um sie bei Bedarf einzeln per Hand abzuspülen.
    Kurz um: Meine Wohnung befand sich zwar immer noch in einem Zustand, bei dem meine Mutter die Hände über dem Kopf zusammenschlagen, aber den Anblick immerhin ohne schwere psychische Schäden überleben würde.

    Einzig ich selbst ließ nach all den Anstrengungen etwas zu wünschen übrig. Nach "Fahrenheit" duftete ich jedenfalls schon lange nicht mehr und meine Haare, die mir verschwitzt ins Gesicht hingen, sahen alles andere als frisch gewaschen aus. Gleiches galt mittlerweile auch für meine Lieblingsjeans und den Pulli den ich trug.

    Um 18.40 Uhr schleppte ich die Müllbeutel zum Container.
    Um 18.43 Uhr gab ich es auf, den Container wieder schließen zu wollen und fand mich damit ab, dass mein dritter Müllbeutel halb heraus hing.
    Um 18.47 Uhr wechselte ich zum letzten Mal die Füllung von Waschmaschine und Trockner und stopfe gleich noch alle Sachen die ich am Leibe trug, in die Maschine.
    Um 18.49 Uhr stellte ich die Dusche an.
    Um 18.50 Uhr war das Wasser immer noch nicht warm.
    Um 18.51 Uhr war mir die Wassertemperatur egal und ich stellte mich unter den kalten Strahl
    Um 18.54 Uhr rutschte ich beim Verlassen der Dusche, auf den frisch gewischten Fliesen im Badezimmer aus.
    Um 18.56 Uhr klingelte das Telefon. Es war Steffi, die sich für den Blumenstrauß bedanken wollte.
    Um 18.58 Uhr war ich halbwegs trocken, notdürftig angezogen und versuchte verzweifelt meinen Haaren eine Frisur zu verpassen, die nicht all zu bubbihaft wirkte.
    Um 19.03 Uhr hatte ich zwar noch immer keinen Socken an, den Kampf gegen meine Haare aufgegeben, aber immerhin meine Brille wieder gefunden.
    Um 19.08 Uhr – ich hatte grade EINE Socke und noch immer nur ein altes „Unterhemd-T-Shirt“ an – klingelt es an der Tür!

    Es war mein Hausmeister, der von mir wissen wollte, ob ich für diese Schweinerei draußen an den Müllcontainern verantwortlich sei. Irgendein Vollidiot hatte versucht, in den bereits überfüllten Container noch einen weiteren Müllbeutel zu quetschen. Der war natürlich herausgefallen und sein Inhalt lag jetzt lose verstreut vor dem Haus.

    „Istjaunerhörtsoetwas“ nuschelte ich, während ich versuche, auf einem Bein hüpfend, die zweite Socke anzuziehen. Scheinbar hatte der gute Mann aber nicht nur der Information halber bei mir geklingelt, sondern hegte dringenden Tatverdacht gegen mich, denn anstatt sich den nächsten Mietern zu widmen, schildert er mir immer eindringlicher, was für ein Schweinkram da draußen veranstaltet wurde. Ich bemühte mich, ihn weiterhin so unschuldig anzusehen, wie es mir nur möglich war und hoffte, dass er seinen Redeschwall bald beenden möge.

    Bevor dies jedoch eintrat, schellte meine Klingel erneut. Ich drücke den Türsummer und SIE kam ins Haus und zu meiner Wohnung. SIE sah phantastisch aus. Ihr strahlendes Lächeln traf mich direkt im Herz, meine Mundwinkel verkrampfen sich in Gegend meiner Ohrläppchen und der Geruch den SIE verströmte, war schlichtweg atemberaubend.

    Meinem Hausmeister blieb jedoch unverständlicher Weise genug Luft, um ungerührt weiter mit seinem Vortrag voller unausgesprochener Anschuldigungen fort zu fahren. Das und der Umstand, dass ich immer noch nicht meine zweite Socke anhatte und meine Haare weiterhin ungehemmt auf den Boden tropften, zerstörte ein wenig den besonderen Moment der Begrüßung.
    Endlich mal Entschlusskraft an den Tag legend, zog ich SIE in die Wohnung und speiste meinen Hausmeister mit ein paar Höflichkeitsfloskeln ab, um ihm dann die Tür vor der Nase zuzuschlagen.

    Während ich mir endlich die zweite Socke anzog, schlenderte SIE durch meine Wohnung und stellte – mit dem Lächeln eines Engels – fest, dass es für eine Junggesellenbude erstaunlich sauber und aufgeräumt sei. Da sei SIE schließlich ganz anderes gewöhnt.

    Ist es jetzt gut, dass SIE Junggesellenbuden offenbar „gewohnt“ ist?

    Ich hätte ihr gerne etwas nettes entgegnet, aber mein Mundwinkelkrampf verhinderte jedes deutlich gesprochene Wort. Bei einem Blick in den Spiegel mußte ich zudem feststellen, dass es weniger nach einem freundlichen Lächeln, als vielmehr nach einem dümmlichen Grinsen aussah.
    Da konnte es dann auch nicht mehr so negativ ins Gewicht fallen, dass mich auf der Suche nach einem Oberteil, mit dem ich mich auch in die Öffentlichkeit traue, mir der zuvor nur hurtig hineingestopfte Inhalt des Kleiderschrankes entgegen fiel und mich unter sich begrub.
    Ich vernahm ein niedliches Kichern, als ich mich durch den Kleiderberg wieder an die Oberfläche kämpfte.

    "Ganz ruhig" dachte ich mir, noch findet SIE dich drollig, aber überspanne den Bogen nicht. Ein bißchen mehr Souveränität wäre langsam dann doch angebracht.

    Mit einem triumphierendem Grinsen reckte ich das erst beste Hemd empor und behauptete, dass es genau das war, was ich gesucht hatte. In Wahrheit wunderte ich mich jedoch, warum es nicht schon der letzten Altkleidersammlung zum Opfer gefallen war. Der nächsten wird es jedenfalls nicht entgehen.

    Bevor sich noch weitere peinliche Zwischenfälle ereigneten – meine Mutter könnte anrufen oder der Hausmeister mich mit den neusten Erkenntnissen seiner Nachforschungen konfrontieren - drängelte ich SIE behutsam aber bestimmt zur Tür hinaus.

    Geändert von Lisa Jewell (09.01.2004 um 21:42 Uhr)

  6. #6
    Ich hab so das dumme Gefühl, dass du jederzeit genügend Leser finden wirst, darum würde ich mir an deiner Stelle keine Sorgen machen!

    Die Story ist erfrischend anders im Vergleich zu den ganzen anderen Textwerken, die ja zu 134% nur aus Fantasy bestehen (in diesem Forum), allein deshalb ist es schon lesenswert. Gratis gibts dazu noch Humor, Intelligenz und Menschenkenntnis en masse. Kurz gesagt, einfach klasse!

  7. #7
    allso mich hast du auch als stammleser, die story ist einfach vom inhalt gut und dazu noch ausgezeichnet geschrieben,


    weiter so

  8. #8
    Auch ich kann man nur anschließen. Deine Geschichte lese ich gerne, ich mag hoffnungslose Typen die man belächeln kann, trotzdem aber einen gewissen Charme haben.

    Die "Lucky Losers" eben ^^
    Schreib nur weiter, ich bin gespannt!
    mfg Ins@ne

  9. #9
    Zitat Zitat
    Original geschrieben von Inarius
    allso mich hast du auch als stammleser, die story ist einfach vom inhalt gut und dazu noch ausgezeichnet geschrieben,


    weiter so
    Und noch einen weiteren ^^. Kann dem nur ein fettes anhängen. Die Story ist einfach super. Freu mich shcon auf den nächsten Teil. Also denk nicht mal dran aufzuhören

  10. #10
    Ich leide eigentlich nicht an falscher Bescheidenheit und ich bin auch Stolz auf diese Geschichte und finde sie selbst sehr gelungen (wer das über seine Texte/Bilder nicht zumindest ansatzweise findet, hätte wohl auch gar nicht den Mutt, die hier zu posten). Aber so viel positive Resonanz und Lob überrascht (und freut!!!) mich sehr! DANKE
    Eigentlich wollte ich die Kapitel mit zwei Tagen Abstand posten, aber unter diesen Umständen, will ich es dann nicht zu sehr in die Länge ziehen. Insgesamt sind es übrigens 6 Kapitel, wir haben also ungefähr "Halbzeit"



    Kapitel 3

    Oh mein Gott, SIE fährt einen Mini. So schön diese Autos auch sein mögen, so sehr war ich ihnen bislang doch aus dem Weg gegangen. Aber an diesem Tag führte kein Weg mehr daran vorbei, die brennende Frage zu beantworten, ob ich in so ein Gefährt hinein passe, oder nicht.

    Erstaunlicher Weise funktionierte es ziemlich gut. Beine, Bauch und Kopf wurden erfolgreich im Wageninneren verstaut und ich kann sogar noch die Tür schließen. Für meinen rechten Arm wäre es zwar etwas eng, aber so habe ich eine gute Entschuldigung, ihn cool aus dem Fenster hängen zu lassen und trotz angelegtem Gurt, konnte ich sogar noch einigermaßen atmen.

    Sie schaltete die Anlage an, schenkte mir ihr hübschestes Lächeln und legte den Gang ein. Der Umstand, dass ausgerechnet Phil Collins aus den Boxen dudelte, erleichterte es mir nicht unbedingt, zurück zu strahlen. Als dem ersten Lied dann auch noch ein weiterer Song des ehemaligen Genesis Drummers folgte, erhärtet sich meine Befürchtung, dass es sich wohl nicht um einen Radiosender handelte.

    Ob ihr wohl bewusst ist, dass dies eine „Tempo 30“-Zone ist?
    „Schönes Auto, hast du das schon lange?“
    Achtung, die Ampel ist rot...puh, grade noch rechtzeitig. Ich hätte allerdings eher gebremst.
    „Jaja, es wird immer früher dunkel“
    Muss SIE eigentlich direkt hinter dem Bus herfahren? Die linke Spur wäre doch vollkommen frei
    „Nein ich weiß leider auch nicht, wie der Hauptdarsteller aus Tiger & Dragon heißt“...„Ja, ich fand den Film auch sehr schön“.
    Von was für einem Film redet SIE grade? Den Namen hab ich ja noch nie gehört...
    „Nein, ich habe doch nicht extra für dich meine Wohnung aufgeräumt. Wie kommst du denn darauf? Du warst doch nur ein paar Sekunden drin. Das wäre ja lächerlich“
    Mein Gott, kann mir denn nicht mal was vernünftigeres einfallen, als...oups, gut dass der Fahrradfahrer noch rechtzeitig gebremst hat.
    „Wie war denn so dein Tag heute?“
    Was für eine bekloppte Frage.
    „Aha, soso, sehr interessant“
    Hätte ich doch bloß was anderes gefragt.
    „Der HSV hat heute gewonnen!“
    Hmm, SIE interessiert sich nicht für Fußball. Aber SIE lächelt süß und...SIE hat das Stop-Schild überfahren.
    „Nein, nein, du fährst großartig, man merkt gar nicht, dass du zwischendurch mal jahrelang nicht gefahren bist.“
    Ob ich SIE nach dem Grund fragen sollte?
    „Ach, auf der anderen Kassettenseite ist Chris de Burgh?! Na, dass passt ja gut zusammen“
    Ich will hier raus...

    „Was für einen Film wollen wir eigentlich gucken“ fragte SIE mich, als wir schon fast da waren und auch mir fiel erst in dem Moment auf, dass wie diesen nicht ganz unwichtigen Punkt, noch gar nicht geklärt hatten.
    „Ich wäre ja für Shrek, der soll sehr lustig sein, wie mir mehrere Freunde versichert haben“, erwiderte ich. Außerdem ist es eine romantische Liebesgeschichte, mit einem wundervollen Happy End und – da es ein vom Computer animierter Film ist - ohne jegliche Gefahr, dass ich ob des Hauptdarstellers in Minderwertigkeitskomplexe verfalle. Aber so detailliert wollte ich ihr meine Beweggründe nicht darlegen.

    „Oh ja, das wäre auch meine Vorschlag gewesen. Du bist ein Schatz“ Und während SIE das sagte, warf SIE mir einen Blick zu, den ich und meine berechnenden Motive, nicht verdient hatten. Dann schon eher den Auffahrunfall, den SIE dabei beinahe verursachte.
    „Das soll doch eine sehr romantische Geschichte mit Happy End sein. Bei so etwas kommen mir immer die Tränen, aber es gut jemanden bei mir zu wissen, der dann für mich da ist“.
    Mit diesen Worten knuffte SIE mir grinsend in die Seite.
    „Außerdem spielen da keine Frauen mit, die hübscher sind als ich und die du die ganze Zeit anstarren würdest. Du sollst heute doch schließlich mich angucken“

    Schon wieder diese unglaubliche Ehrlichkeit! Von soviel Naivität (oder doch Charme?) war ich vollkommen irritiert. Mußte SIE so strahlen, so liebe Dinge sagen, so verflixt blendender Stimmung sein? Hätte SIE nicht ein ganz klein bißchen aufgeregt wirken können? Kann man so widerlich gut gelaunt sein, wenn es in einem kribbelt?
    Ich wollte nicht nur „lieb und nett“ und die ideale Begleitung für einen Kinoabend mit anschließendem Klönschnack sein. Ich wollte verwegen, aufregend und interessant auf SIE wirken. Ich wollte, dass ihr Herz klopft, wenn SIE an mich denkt, Ursache ihrer Transpiration sein und dass SIE sich jeden Satz dreimal überlegt, bevor SIE ihn ausspricht, denn mir ging es schließlich auch nicht anders.
    Natürlich könnte ich mir auch wünschen, genauso unverkrampft und locker zu sein wie SIE, aber als egozentrisches Sensibelchen erwartete ich selbstredend, dass SIE sich mir anpasst.

    „Wir sind da!“ vermeldete SIE triumphierend.
    In der Tat, das war nicht untertrieben. SIE hatte einen Parkplatz direkt vor dem Kino bekommen. An einem Ort, den ich mich bei einer Parkplatzsuche, nicht mal trauen würde, in Erwägung zu ziehen. Sicherlich war es ein Vorteil, dass SIE „Mini“ fuhr, denn mit einer „S-Klasse“ hätte man sich wohl nicht in die Lücke quetschen können, aber so hatten wir die beste mögliche (legale) Abstellfläche gefunden.

    „Du bist ein richtiges Glücksbärchen für mich. So einen guten Parkplatz hatte ich noch nie“

    Ob ich SIE wohl dazu überreden könnte mich auf der Stelle zu heiraten, anstatt so einen doofen Film zu gucken?

    Ich schälte mich aus ihrem Auto und versuchte meine unbeholfenen Verrenkungen zeitlich so abzupassen, dass SIE mit andere Dingen beschäftigt war, als mir dabei zu zugucken.
    Gemeinsam steuerten wir auf die große moderne Glasfront des Kinos zu und SIE witzelt, dass es in einem der Smarts, die im Autohaus nebenan stehen, für mich noch enger gewesen wäre. Da SIE sich aber gleich darauf bei mir einhakt, mutiert mein gequältes Lächeln, dann doch zu einem Honigkuchenpferd-Grinsen.

    Bei dem Versuch, ganz Kavalier zu sein und der Dame die Tür zu öffnen, scheitere ich freilich zum wiederholten Male kläglich. Es gelang mir zwar noch rechtzeitig, auszumachen, welche dieser vielen Glasscheiben, wirklich als Tür und nicht bloß als Schaufenster dienten, aber das mit dem „Ziehen“ und „Drücken“ muss ich wohl noch etwas üben.
    Ich zerrte jedenfalls vergeblich an einem Türgriff, während SIE (sich von meinem Arm lösend) ohne jegliche Anstrengung die Tür daneben aufstieß und anschließend mir - mit einem gar nicht mehr so engelsgleichem Grinsen - die Tür aufhielt.

    Im Foyer starrten wir auf die Monitore, die anzeigten wann wo welcher Film läuft und endlich konnte auch ich mal meine rasche Auffassungsgabe unter Beweis stellen. In dem WirrWarr von Zahlen und Informationen entdeckte ich „Shrek“ zuerst (Kino 8) und schritt entschlossen in Richtung der ersten Kasse. SIE folgte mir und war tief beeindruckt davon, dass ich ihr eine Kurze Inhaltsangabe sämtlicher Filme geben konnte, deren Plakate aushingen (und bei denen, die ich nicht gesehen hatte, dachte ich mir einfach etwas aus - Splange ich souverän und weltmännisch auftrat war alles in Butter).

    Wie wir da so zusammen in der Schlange standen, versuchte ich ihr unentwegt meinen Arm anzubieten, auf dass SIE ihn doch erneut ergreifen möge, aber seit dem SIE ihn losgelassen hatte, um mir die Tür zu öffnen, hat SIE keine erneuten Anstalten in dieser Richtung unternommen. Mittlerweile bohrte sich mein Ellenbogen schon in ihre Taille, aber ihre Hände suchten in ihrer Handtasche weiterhin nach der Geldbörse.
    Die Wahrscheinlichkeit, dass SIE dabei ihr Gleichgewicht verliert und nach Halt suchen muss, ist bei so einer Tätigkeit eher gering und zwingen konnte ich SIE schließlich auch nicht.

    Ich ließ SIE weiter nach ihrem Geld suchen.
    Natürlich hätte ich auch sagen können, dass SIE das nicht muss, da ich SIE einlade, was SIE natürlich vehement ablehnen würde, worauf ich noch energischer darauf bestände. Nach einigem hin und her, würde SIE es mir dann wahrscheinlich doch erlauben. Ich muss aber gestehen, dass ich weder diese Art von Diskussionen mag, noch das Gefühl, SIE nur aufgrund ihrer Gnade einladen zu dürfen. Wenn ich so etwas schon tue, will ich mich doch wenigstens ein kleines bisschen als Held dabei fühlen.
    Ich hab es mir in solchen Fällen daher angewöhnt, im Vorfeld nichts zu sagen und dann an der Kasse einfach zwei Karten zu kaufen. In der Regel gibt es dann keine ausgeprägten Proteste mehr.

    Als ich an der Reihe war, verlangte ich „zwei Karten , Loge“ (was nur eine wohlwollendere Bezeichnung für „nicht in den ersten drei Reihen“ ist), „mittig und bitte nicht direkt hinter einer Basketballmannschaft“.
    Der Witz war zwar nicht grade umwerfend, aber er reichte aus, um SIE - der übrigens just in dem Moment als ihr klar wurde, dass ich SIE einlud, wieder meinen Arm ergriff – zum lachen zu bringen.
    Da es für einen Mann keine größere Befriedigung geben kann, als sein „Objekt of Beauty“ zu erheitern, heiligte in diesem Fall der Zweck die Mittel.
    Der Mann hinter dem Tresen hingegen, der mir träge die Karten rüber schob und unverschämte 16 Euro dafür kassierte, schaute so, als hätte er diesen Spruch in der letzten Stunde ein halbes Dutzend Mal gehört. Aber für ihn war diese Bemerkung schließlich auch nicht bestimmt.

    Die Gelegenheit, mit einer schönen Frau an meinem Arm durch das Kino zu flanieren und mir den Neid aller (Single)Männer gewiss zu sein, versuche ich besonders intensiv aus zu kosten und schwadronierte noch weiter über alte Filmklassiker, während wir an den Plakaten entlang schlenderten.
    Mein selbstverliebtes Gefasel ging ihr dann aber wohl doch auf die Nerven (schade, ich war grade dabei meine Nervosität abzulegen), denn freundlich aber bestimmt, zerrte SIE mich zur Rolltreppe, die in den ersten Stock zu den Kinosälen führt. Immerhin konnte SIE dabei meinen Arm nicht loslassen.

    Ohne dass sich einer von uns in der Rolltreppe verklemmte, kamen wir oben an und SIE drückte mit ihr Portmonee mit den Worten in die Hand „Wenn du die Karten bezahlst, übernehme ich wenigstens die Snacks. Kauf uns doch was leckeres, ich muß mir noch schnell die Nase Pudern“. Ihr Grinsen dabei verriet, dass das wohl nur die höfliche Umschreibung für ihr wahres Vorhaben auf der Damentoilette war - Wir Männer bräuchen dafür lediglich einen Baum.

    Geändert von Lisa Jewell (10.01.2004 um 23:20 Uhr)

  11. #11
    Hmm, irgendwie kann ich mich mit der Hauptperson ziemlich gut identifizieren, bin aber leider noch nicht so weit...
    Na ja, auf jeden Fall: Bitte schreib weiter!!!! (ja, du hast richtig gehört, das ist ein Befehl ^^)

    Die Gedankenspiele sind super, das mit den hübschen Lächeln kenne ich aus eigener Erfahrung nur zu gut.

  12. #12
    Ich hätte es ja nicht gedacht, aber Teil 2 und 3 haben meine Erwartungen noch um einiges übertroffen ^^
    Wirklich eine sehr gelungene Geschichte, die IMHO beinahe schon zu nahe an der Realität sein könnte
    Ich freue mich schon auf die nächsten Teile

  13. #13
    Kapitel 4

    Das lief ja genauso so, wie ich es mir vorgestellt hatte. Jedenfalls fast, denn in meiner Freude darüber, nicht auch noch die Fressalien bezahlen zu müssen, hatte ich vergessen zu fragen, was SIE genau wolle. Nun stand ich erneut davor, eine Entscheidung treffen zu müssen, bei der ich Gefahr lief, ihr Missfallen zu erregen.
    Was genau verstand SIE unter „was leckerem“? „George Clooney“ war grade nicht im Angebot. Insgesamt sollten die Kosten zudem unterhalb des Preises für die Kinokarten liegen und es wäre toll, wenn wir eetwas zu knabbern hätten, was wir uns teilen könnten. Dabei wird dann ganz automatisch Nähe erzeugt.

    Etwas zu trinken ist auf alle Fälle Pflicht, aber was?
    Ein Bier? Ich hasse Bier und nur ihr Alkohol zu kaufen, wirkt so, als ob ich SIE abfüllen wolle. Außerdem sind wir schließlich mit dem Auto da.
    Dann vielleicht Cola, damit macht man eigentlich nie etwas falsch...andererseits ist SIE schließlich eine Frau und als solche lehnt SIE dieses Zuckerwasser möglicherweise ab, da SIE grade die neue Wunderdiät einer Frauenzeitschrift ausprobiert.
    Cola light könnte eine Lösung sein, aber vielleicht ist SIE allergisch gegen den Süßstoff, oder auch nur einfach ehrlich genug zuzugeben, dass dieses Gesöff ekelhaft schmeckt.
    Mineralwasser wäre wohl der kleinste gemeinsame Nenner, aber mit oder ohne Sprudel? Gehört SIE zu den Frauen die grundsätzlich jede Form von Kohlensäure meiden, um ja nie in der Öffentlichkeit in die Verlegenheit zu geraten, ein Bäuerchen zu machen? Aber hätte SIE wirklich gesagt „kauf was leckeres“ wenn SIE erwartet, dass ich ihr stilles Wasser besorge?
    Ich entschloss mich, normale Cola und Mineralwasser mit Kohlensäure zu kaufen, ihr die Entscheidung zu überlassen, was SIE lieber wolle und selbst das andere zu nehmen. Wobei ich aber hoffte, dass SIE auf ihre Figur achtet.

    Die Idee, dazu eine große Portion Popcorn zu ordern, verwarf ich schnell wieder, den das erschien mir doch ein bißchen zu langweilig. Statt dessen entschied ich mich für Nachos.
    Diese dreieckigem, scharfen „Cracker“ mit der vollkommen künstlichen Käsesauce, an deren Herstellung mit Sicherheit keine Kuh beteiligt war, waren seit einigen Jahren in den modernen Kinos meiner Stadt der modische Fast Food schlechthin. Ich fand SIE geschmacklich zwar eher langweilig und unpraktisch zu essen (trotz größter Sorgfalt war das Verhältnis der Sauce, die in meinem Mund und auf meinem Hemd landete, bestenfalls fifty fifty) aber es war wahnsinnig hip, es zu kaufen und mit der Schale in der Hand gesehen zu werden.

    Jetzt noch was Süßes. Schokolade, Eis oder Gummibärchen?
    Einen dieser Schokoriegel schloss ich kategorisch aus. Die Idee mit dem Weichgummi erschien mir zwar im ersten Moment sehr verlockend zu sein, bis mir die Gelatine- und damit BSEgefahr - wieder einfiel, der ich SIE selbstredend auf gar keinen Fall aussetzen wollte. Also entschied ich mich für etwas, was schon seit meinen frühesten Kindheitstagen untrennbar mit einem Kinobesuch verbunden ist: „Langnese Eiskonfekt“!

    Während ich einen 10 Euro Schein aus ihrer Geldbörse fingerte, fiel mir auf, dass dies stets auch ein wahrer Quell an persönlichen Dingen, wie Photos, beschriebenen Zettelchen, Adressenlisten, Ausweispapieren und vielem mehr ist. Ich war versucht, noch ein wenig intensiver nach Kleingeld zu suchen, um noch ganz andere – viel interessantere - Dinge „zufällig“ zu „finden“. Doch obwohl mir das Teufelchen auf meiner Schulter hartnäckig Versuchungen ins Ohr flüsterte, „Hey, wenn SIE was dagegen hätte, hätte SIE dir ihre Geldbörse doch gar nicht gegeben. Das war ein Wink mit dem Zaunpfahl.“, widerstand ich selbstverständlich mannhaft all diesen Verlockungen.
    Der Umstand, dass SIE just in dem Moment von der Toilette wiederkam, könnte allerdings auch eine kleine Rolle gespielt haben.

    Das Timing hätte besser nicht sein können. Mir wurde kurz zuvor Speis und Trank ausgehändigt und ich war voll und ganz damit beschäftigt, die beiden Halbliter Pappbecher (deren Größe als „Small“ bezeichnet wird) zwischen Arm und Oberkörper so fest zu klemmen, dass sei weder zerquetscht wurden, noch herunter fielen. Mit dem anderen Arm versuchte ich derweil zu verhindern, dass das Eis noch weiter in die Käsesauce rutschte und sich Konsistenz, Temperatur und Geschmack einander annäherten.
    Die Kinokarten im Mundwinkel und ihr Portmonee eingeklemmt in meiner Nackenbeuge, werden meinen lächerlichen Anblick komplettiert haben (und hätten die „Eingebungen“ meines Teufelchens ohnehin unmöglich gemacht).

    Sie verstaute die Geldbörse wieder in ihrem Täschchen, nahm mir gnädiger Weise die Cola ab und sagte, während SIE einen Nacho in die Sauce tunkte, dass es für einen Junge ja ziemlich ungewöhnlich sei, dass er freiwillig Mineralwasser trinkt.

    Da meine Lippen noch immer Hüter unserer Eintrittskarten und fest zusammengepreßt waren, konnte ich darauf nichts erwidern und noch viel weniger etwas trinken. Was aber nicht so schlimm war, da ich ohnehin nicht an den weiterhin unter meinem Arm eingeklemmten Becher heran gekommen wäre. Dafür hatte ich das Eis mittlerweile aus der Sauce gerettet und hielt es nun in der frei gewordenen Hand.

    So bewegten wir uns langsam aber stetig in Richtung Saal 8.
    Ich, in höchster Konzentration darum bemüht, diese Gleichgewichtsübung ohne all zu große Verluste zu überstehen und SIE, glänzend gelaunt um mich herum tänzelnd, abwechselnd Eiskonfekt und Nachos naschend und dabei amüsante Albernheiten aus ihrem Leben erzählend.

    Eigentlich hatte ich mir das ein bisschen anders vorgestellt, aber als wir schließlich an unseren Plätzen ankamen, war ich von ihrer Ausstrahlung so verzückt, dass ich noch ganz andere Qualen auf mich genommen hätte, nur um noch ein Weilchen in ihrer Nähe bleiben und SIE genießen zu dürfen.

    Wir enterten unsere Reihe, kämpften uns durch ein Meer von Beinen, immer bemüht, nicht auf allzu viele Füße zu treten, den eigenen Hintern den Gesichtern anderer Leuten fern zu halten und niemanden mit warmer Käsecreme zu bekleckern.
    Zumindest war das mein Bestreben, während SIE wie eine Ballerina unseren Plätzen elegant entgegen tänzelte.
    Wir ließen uns nieder und es war uns sogar noch etwas Sauce verblieben.
    In der Hoffnung, dass mein persönlicher Sicherheitsabstand gewahrt und der rechte Platz neben mir leer bliebe, türmte ich unsere Jacken und Taschen auf diesen Stuhl und überließ ihr großzügig die mittlere Lehne. Da ich auch noch das letzte Eiskonfekt in ihrem Mund verschwinden sah, drückte ich ihr die verbliebenen Nachos in die Hand und entsorgte ihren Abfall.

    Das Kino war neu, groß, modern und verfügte folglich über sehr bequeme Sessel. Der Saal war leicht ansteigend, so dass man von überall gut auf die Leinwand sehen konnte, egal wer vor einem saß. Der Platz für die Beine war sehr großzügig bemessenen. Leider nicht großzügig genug, denn meinem Hintermann bereitete es keine Probleme, unentwegt gegen meine Rücklehne zu treten.

    SIE und ich versuchten unterdessen, möglichst bequeme Sitzpositionen für eine Konversation zu finden. Das erwies sich aber als gar nicht so leicht, denn dazu ist es denkbar ungünstig, so eng nebeneinander zu sitzen. Sitzt man ganz normal, spricht man entweder in die Leere vor sich, oder holt sich einen verkrampften Nacken. Wenn man hingegen versucht, sich dem anderen zu zuwenden. Liegt, man ihm/ihr bei der Enge auch schon halb auf dem Schoß. Nicht, dass ich da nicht gerne hin wollte, aber eigentlich erst ein bisschen später.
    So war ich bemüht, soviel scheue Distanz zu halten wie nötig und gleichzeitig so viele „zufällige“ Berührungen zu provozieren wie möglich, wobei dieses Spielchen eigentlich erst bei Dunkelheit seinen ganzen Reiz entfaltet.

    Wir plauderten über die Filme, die wir als letztes sahen, den kranken Hund ihrer Oma (es geht ihm sehr schlecht) und die GZSZ-Folge vom Vortag (die ich tatsächlich gesehen hatte).
    Ich ließ sie reden. Eine attraktive Frau die freiwillig das Wort an mich richtet, habe ich noch nie unterbrochen. Das ertrug ich ganz mannhaft, denn ich wollte ein gewisses „Wohlwollen-Guthaben“ ansammeln, für den Fall, dass wir unsere Verhältnis soweit vertieften, dass ich SIE mal in ein Fußballstadion schleppe, oder ihr gestehe, was ich von Phil Collins halte.

    Die Lichter erloschen, der Vorhang teilte sich und die nun freie Leinwand bescherte uns einen unvergleichbaren Einblick in die Welt der Zigaretten, Alkoholika, Duftwässerchen, Mode und lokalen Gaststätten.
    Werbung ist etwas, was ich im Fernsehen zutiefst verabscheue, aber im Kino einen ganz anderen Stellenwert für mich besitzt. Mit dem Abdunkeln des Raumes, beginnen das Kribbeln und die Vorfreude auf den Film (nicht selten der beste Moment des ganzen Abends). Falls man zudem mit Freunden im Kino sitzt, ist dies eine großartige Möglichkeit „Werberaten“ zu spielen. Derjenige, der als erster den Namen des Produkts laut ausruft – natürlich bevor der Name im Spot zu sehen ist – bekommt einen Punkt. Je nachdem, wie laut man ruft, kommt es vor, dass auch umsitzenden Besucher, die eigentlich nicht zum Freundeskreis gehören, zu Mitspielern werden.

    Ich schlug ihr das Spielchen vor, und SIE nickte nur zustimmend, ganz so, als ob ihr dieses Ritual wohl bekannt war. Ich schien es mit einer geübten Gegnerin zu tun zu haben und deshalb fragte ich SIE, ob wir den kleinen Wettstreit nicht ein bisschen aufpeppen wollten.
    „Ja klar warum nicht“ entgegnete SIE und grinste dabei siegessicher.
    Ahnungslos lief SIE in meine Falle..
    „Dann lass uns doch bald mal essen gehen. Der Verlierer zahlt die Rechnung“. Eine großartiger Einsatz. Ganz gleich, wer dieses hirnverbrannte Spiel gewinnt, ich hatte mir bereits einen Gutschein auf eine weitere Verabredung gesichert.
    „Kein Problem, ich hoffe dir ist bewußt, dass ich einen teuren Gaumen habe“, und SIE streckte mir ihre Hand entgegen, um den Wettbewerb zu besiegeln.
    Zugeschnappt! Was bin ich doch für ein raffiniertes Bürschchen!

    ...oder etwa furchtbar blöd? Vielleicht hatte SIE nur geblufft und kannte in Wahrheit jeden der Filme, von denen ich erzählte hatte, weil SIE selbst Stammkundin im Kino und folglich auch mit der Werbung bestens vertraut ist. Wieso hatte SIE sich nicht mal nach meinen (Haus)Regeln erkundigt, sondern erweckte den Eindruck, dass dieses Spiel etwas ganz Selbstverständliches bei einem Kinobesuch sei?
    Hatte Steffi mir wesentliche Details aus ihrer Vergangenheit verschwiegen?
    Wie teuer genau ist ein „teurer Gaumen“?
    Wieviel kann solch ein halbes Persönchen schon verdrücken?
    Hatte SIE eigentlich Nachos übrig gelassen?

    Ich schüttelte ihre Hand und vergaß in der Aufregung leider, mir vorher in die Innenflächen zu spucken. Dieser mächtig männliche Brauch hätte fraglos einen ganz besonderen Eindruck bei ihr hinterlassen.
    Doch die Schlacht begann auch so; schon bald legten sich meine Sorgen (abgesehen vom Hunger). Nachdem ich nach Punkten für P&S, Bacardi und Levis (SIE tippte auf Diesel und der Typ rechts hinter uns auf Replay – Anfänger, alle beide!) schnell mit 3:0 in Front lag, war mir klar, dass doch keine ernsthafte Gegnerin neben mir saß.
    Ich ließ SIE ein bißchen heran kommen und SIE punktete mit KISOW und Lucky Strike, bis ich selbst wieder anzog. SIE freute sich wie eine Schneekönigin über Crunchchip und Obsession, versagte aber kläglich bei jedem Bier und den meisten Zigaretten.
    Ich überlegte kurz SIE gewinnen zu lassen, aber ihre Drohung mit dem „teuren Gaumen“ erwies sich für SIE als keine lohnende Strategie.
    Letztlich siegte ich mit 8 Punkten. SIE hatte 6 und der Typ rechts hinter uns 3.

    Seit in unseren Kinos die Langneseeisverkäufer wegrationalisiert wurden, entfällt die Pause zwischen Werbung und Film, und so blieb es mir verwehrt, mit meinen Triumph gebührend zu prahlen oder zu versuchen, erste Terminabsprachen zu treffen. Nicht dass SIE sich womöglich noch drückt.

    Der Film begann. Shrek, der hässliche grüne Oger, wird aus seinem angestammten Tal vertrieben und muss für einen bösen Monarchen eine liebreizende Prinzessin aus den Klauen eines furchterregenden Drachen befreien...wobei sich später herausstellte, dass der Drache gar nicht so furchterregend war und man bei der Prinzessin besser auch nicht nur auf den ersten Eindruck vertraute.

    Der Film bot perfekte Unterhaltung. Er war witzig, die Stimmung im Saal war glänzend, und mehrfach bog ich mich vor Lachen auf meinem Sitz. Ihr schien es auch zu gefallen, denn oft stieß SIE mich an, um mir gleich darauf eines ihrer umwerfenden Lächeln zu zuwerfen. Und einmal lachten wir sogar an der selben Stelle.
    Aber auch die Liebesgeschichte gefiel mir sehr. Mit ein bisschen Minderwertigkeitskomplexen und der nötigen Schüchternheit, war es vollkommen problemlos, mich in die Rolle des dicken Monsters zu versetzen. Und dass ich um eine liebreizende Prinzessin werbe, musste ich mir nicht extra einbilden.

    Ich war stets bemüht, mich in meiner Sitzhaltung in ihre Richtung zu orientieren, was angesichts des Umstandes, dass ich ihr die Lehne vollständig überlassen hatte, sehr unbequem war, aber viele kurze Körperkontakte zu ließ.
    Als das Geheimnis der Prinzessin gelüftet wurde und Shrek ob eines Missverständnisses seine große Liebe zunächst gehen läßt, legte SIE ihren Kopf ganz sanft gegen meine Schulter. Der Druck war nur leicht, gerade soviel, dass die Berührung auch rein zufälliger Natur sein konnte, anderseits schreckte SIE auch nicht zurück, sondern verweilte in genau der Position.
    Wenn dies ein Zeichen von ihr sein sollte, so wurde jetzt wohl der nächste Schritt von mir erwartet.
    Vielleicht sollte ich ihr neues Eis holen oder womöglich versuchen meinen Arm um ihre Schultern zu legen. Aber wie sollte ich meinen Arm, der eingeklemmt zwischen ihrem Kopf und der Stuhllehne war, möglichst unauffällig aus dieser Position befreien, um ihm einen reizvolleren Platz zu zuweisen?
    Wer ist überhaupt auf die Idee gekommen, dies könnte mit einer Lehne zwischen uns eine bequeme Sitzposition ergeben?
    Möchte SIE lieber Vanille oder Schokolade? Und was, wenn das gar kein Zeichen von ihr war?
    Ich stieß SIE ganz sanft mit meiner Schulter an und erntete dafür ein protestierendes Brummen und einen Kopf, der nunmehr ganz entschieden gegen meine Schulter gelehnt war.

    Ich holte dreimal tief Lust und zählte langsam bis 10, um genügend Mut für meine Teil der Annäherung zu sammeln.
    Vielleicht hätte etwas weniger Mut auch schon gereicht, denn bei 8 passierte auf der Leinwand wohl etwas ganz unfassbar Komisches, da das ganze Kino sich vor lachen schüttelte, während ich in den letzten zwei Minuten nichts von dem mitbekommen hatte, was sich in dem Film ereignete.
    SIE prustete hingegen ungehemmt los, wiegte sich lachend in ihrem Stuhl von links nach rechts und pendelte schließlich auf der mir abgewandten Seite aus.
    Jetzt hatte ich zwar wieder meinen Arm frei und SIE streckte mir ihr Hinterteil entgegen, aber ich widerstand der Versuchung beides zu kombinieren.

    Wer das Ende des Filmes kennt, wird nachvollziehen können, dass ich, bei aller Identifikation mit dem Oger, nichts dagegen hätte, wenn die Parallelen zur Wirklichkeit 5 Minuten früher enden, als der Film. Nichts desto Trotz seufzten und glucksten wir beide gerührt beim Happy End, auch wenn es nicht so ergreifend war, dass Tränchen flossen.

    Nachdem wir den Abspann komplett genossen hatten und das Licht im Saal wieder brannte, entknoteten wir unsere Jacken, nahmen die Taschen an uns und taperten beschwingt und lächelnd aus dem Kino. Überhaupt schien dieser Film bei fast allen Zuschauern dieses glücklich-dämliche Grinsen ins Gesicht zu zaubern. Auch bei dem Typ von rechts hinten, der mir auf die Schulter klopfte und versprach, dass er nächstes mal gewänne.

    Glänzend gelaunt und beschwingten Schrittes verließen wir das Kino, überall umgaben uns fröhliche und lachende Stimmen, die sich gegenseitig die besten Stellen des Films erzählten, den wir grade alle zusammen gesehen hatten.

    SIE und ich hatten uns bislang nur angelächelt, aber noch kein weiteres Wort gesagt. Es stand uns ein schwieriger Moment bevor, denn genau genommen hatten wir und lediglich fürs Kino verabredet und noch kein Wort über den weiteren Verlauf des Abend verloren. Es war immerhin Samstag Abend, und wenn wir den um 22 Uhr beschließen würden, müßte man dieses Date wohl als Reinfall bezeichnen.
    Falls ich SIE aber fragte, ob SIE nicht noch etwas mit mir trinken möchte und SIE ablehnte, stände ich als ziemlicher Idiot da. Am liebsten wäre mir, SIE würde vorschlagen, dass wir ja noch etwas unternehmen könnten.

    „Uuuuuuuuuuuuuund? Soll ich dich jetzt nach Hause fahren?“

  14. #14
    Göttlich!
    Bei diesem Teil bin ich wirklich aus dem Lachen nicht mehr rausgekommen
    Und dass, obwohl es den alltäglichen Wahnsinn eines Dates (sofern er alltäglich ist) haargenau trifft! Vor allen Dingen die Parallelen zum Film finde ich gut eingebaut.
    Wirklich spitze, ich freue mich auf mehr!

  15. #15
    Meine Meinung wird sich wohl nie ändern.
    absolute Spitzenklasse.

  16. #16
    Kapitel 5

    „Uuuuuuuuuuuuuund? Soll ich dich jetzt nach Hause fahren?“ war exakt das Gegenteil von dem, was ich hören wollte. Nun galt es Farbe zu bekennen. Stecke ich den Kopf in den Sand, oder sollte ich um ein paar weitere Stunden betteln?
    Wieso wollte SIE eigentlich schon nach Hause? War ich ein so grauenhafter Gesellschafter? War SIE nicht vor dem Film noch sehr angetan von mir gewesen? Was konnte ich während des Filmes schon großartig falsch gemacht machen? Es wollte mir nicht in den Kopf!

    “Also eigentlich bin ich noch gar nicht müde, sondern in erster Linie durstig. Ich würde gerne mit dir noch etwas trinken gehen, zumal wir uns ja auch noch gar nicht richtig unterhalten haben“, entgegnete ich ihr unter Aufopferung meiner letzten Selbstachtung.
    Hier, nimm meine Würde – Ich war auf das Schlimmst gefasst.

    „Na gut, wie du meinst, ich hätte es in deiner Wohnung zwar kuscheliger gefunden, aber wir können natürlich auch in ein Lokal gehen“, sagte SIE und ich bildete mir ein, dass ihre Stimme dabei leicht enttäuscht klang. So richtig einschätzen konnte ich es aber nicht, denn SIE drehte sich direkt nach ihren Worten um und steuerte zielbewußt den Ausgang des Kinos an.

    Aha, so hatte SIE das also mit dem „nach Hause fahren“ gemeint. Ich fühlte mich wie jemand, der sich grade einen kräftigen Tritt in den Allerwertesten verdient hatte. Wie langweilig und einfach wäre doch das Leben, wenn jeder sagen würde, war er denkt. Dabei schien SIE doch bislang viel zu offen und direkt zu sein und jetzt plötzlich das. Gleich Montag würde ich mich mal darüber informieren, ob die Volkshochschule einen Kurs über weibliche Kommunikationstechniken anbietet.

    Ich mußte mich sputen, ihr hinterher zu eilen, denn SIE schien nicht im geringsten gewillt zu sein, auf mich zu warten. Die Atmosphäre im Wagen wirkte plötzlich etwas kühl. Von ihrem strahlendem Lächeln bekam ich nichts mehr zu sehen, und kein vergnügtes Geplapper drang an mein Ohr...nur Chris de Burgh, der davor warnte den Fährmann zu bezahlen.

    Ich wusste, dass ich zielsicher in ein großes Fettnäpfchen getreten war. Ich wusste dass SIE mugsch war. Aber was ich nicht wusste war: Warum???
    Was hatte ich denn so Entsetzliches angestellt, dass ich diese plötzliche Kälte verdient hatte? Na gut, ich war etwas schwer von Begriff gewesen, aber so schlimm war es doch nun auch wieder nicht: Ein klitzekleines Missverständnis, kaum der Rede wert, kein Grund gleich hysterisch zu werden, darüber kann man doch reden...
    Oder vielleicht auch eben nicht: Für manche Frauen bedeutet perfekte Harmonie, sich ohne Worte zu verstehen. Die können nicht einfach sagen was ihnen auf dem Herzen liegt – oh nein – die machen daraus gleich die erste Runde ihres Castings für "Sie Sucht Den Super Traumprinzen": Nur wer meine geheimen Codes versteht, kommt eine Runde weiter. Für alle anderen reicht es gerade mal bis ins Kino.
    Immerhin konnte ich von Glück sagen, in ihrem Auto zu sitzen und (noch) nicht allein in der U-Bahn. Offenbar gewährte SIE mir noch eine letzte Chance über den Hoffnungslauf.

    Solche Situationen versetzen mich innerlich jedes Mal in rage. Nach rationalen und logischen Gesichtspunkten bin ich unbestreitbar im Recht und trotzdem kann ich nicht das Geringste daran ändern, dass letztlich ich der Dumme sein werde. Es ist so sicher wie das Amen in der Kirche, dass ich vor ihr zu Kreuze kriechen werde, damit SIE mir verzeiht, dass ich nicht auf jede alberne und absonderliche Marotte von ihr gebührend Rücksicht genommen habe. Ich hoffe nur, dass niemals einer meiner Kumpels Zeuge eines solch demütigen Augenblick wird.

    Ich bemühte mich die Stimmung etwas aufzulockern. Mit lustigsten Schwänken aus meinem Leben gespickt mit den originellsten Wortspielen, versuchte ich das Eis zu brechen. Eigentlich wollte ich mir diesen Trumpf für das zweite Treffen aufheben, aber besondere Situationen erforderten außergewöhnliche Maßnahmen.
    Es schien zu funktionieren. SIE ließ mich zwar noch zappeln und blieb weiterhin äußerst einsilbig in ihren Antworten, aber ich konnte genau erkennen, dass es ihr an einigen Stellen nur unzureichend gelang, ein Schmunzeln zu unterdrücken.

    Ohne dass wir es besprochen hätten, fuhr SIE mit mir direkt zum „Schachcafe“. Eine etwas rustikale Mischung aus Restaurant und Kneipe mit durchgehend warmer Küche. Als Besonderheit lag eine Reihe von Gesellschaftsspielen aus, an denen sich jeder Gast frei bedienen konnte. Es war ein guter Ort, um einen Kneipenbummel zu beginnen oder abzuschließen, aber für meinen Geschmack nicht gemütlich genug, um dort einen ganzen Abend zu verweilen.

    „Du hast doch vorhin gar nichts zu essen abbekommen und daher bestimmt Hunger“, sagte SIE grinsend, während SIE mir dabei zu sah, wie ich mich aus ihrem Auto quälte (vielleicht grinste SIE auch deshalb).
    Ich war mir zwar nicht so sicher, ob das wirklich nett gemeint war von ihr, aber SIE hatte den Nagel auf den Kopf getroffen. Ich hatte vor lauter Aufregung den ganzen Tag noch nichts gegessen und mittlerweile wirklich großen Hunger. Das lauwarme Mineralwasser von vorhin hatte nicht lange vorgehalten.

    SIE hatte erneut einen beneidenswerten Parkplatz ergattert und so waren es nur wenige Schritte bis zu Eingangstür. Lautes Gelächter und der Geruch von Bier und Pommes schlug uns entgegen, als wir eintraten.

    Meine Blicke glitten durch den Raum, auf der Suche nach einem freien Tisch. Es sah nicht gut aus, denn das Lokal wirkte bestens gefüllt. Es war schließlich Samstag Abend, was hatte ich auch erwartet.
    Dort saßen zwei Frauen mittleren Alters, die sich im Halbkreis um einen Tisch drapiert hatten, da drüben eine kleine Gruppe junger Männer, die sich für ihren bevorstehenden Pistenabend in Stimmung tranken und gleich hier vorne eine Horde Jugendlicher, deren Aktivitäten sich für dieses Wochenende dem Ende neigten.
    Während meine Augen noch immer die Lage sondierten, ergriff SIE die Initiative und raschen Schrittes steuerte SIE direkt auf einen freien Tisch in der hinteren Ecke zu, den ich bislang übersehen hatte.

    Wir setzten uns und studierten angestrengt und voller Konzentration die Speisekarte.
    „Nimm doch „Pommes satt“, schlug SIE vor. „Da kann ich dann ein bißchen von naschen. Nach dem ganzen Süsskram aus dem Kino, habe ich keinen großen Appetit. Nehmen wir Ketchup oder Majo“?
    Interessante Vorgehensweise. Wenn ich mich auf die Saucen-Diskussion einließ, hatte ich die Fritten quasi schon bejaht. Eigentlich stand mir der Sinn nicht nach fettigen Kartoffeln, sondern hätte lieber etwas Herzhafteres bestellt, aber bevor ich mich wegen so etwas streite, gab ich nach.

    Ob Ketchup, Majo oder gar Sour Creme der bessere Dipp sei, entwickelte sich hingegen zur Glaubensfrage.
    „Wenn auch nur der kleinste Klecks Sour Creme an mein Ketchup kommt, kannst du den Rest alleine essen.“
    Moment mal, schließlich waren dass meine „Pommes Satt“ und ich war wirklich hungrig. Das kann nicht ernsthaft als Drohung von ihr gemeint gewesen sein. Sie betont doch ständig, dass sie eigentlich gar nichts mehr essen will.
    „Ja klar, ich pass auf“.

    Wir einigten uns schließlich darauf alle drei Sausen zu nehmen, jedoch auf getrennten Tellerchen.

    Genau in dem Moment, als wir unseren Kompromiß erarbeitet hatten, trat die Bedienung an unseren Tisch. Abgesehen von IHR, war es die erste Frau, die ich an dem Abend bewußt wahrnahm.
    Das Zusammenspiel aus riesigen Brüsten und hautengem T-Shirt, könnte einen Teil dazu beigetragen haben, dass mein Blick etwas länger als „flüchtig“ ausfiel. Die Kellnerin wird solche Momente an diesem Abend sicherlich oft erlebt haben, aber ich hoffte, dass SIE meinen fauxpas nicht bemerkt hatte. IHR Gesichtsausdruck verriet mir indes, dass diese Hoffnung vergebens war. Immerhin wirkte SIE nicht böse, sondern amüsiert.

    SIE bestellte sich ein Weizenbier und bat mich darauf aufzupassen, dass SIE danach nur noch alkoholfreie Getränke ordert, schließlich musste SIE noch fahren. Diese Sorge hatte ich glücklicherweise nicht und bestellte einen Cocktail namens „Panzerkreuzer“, mit der verheißungsvollen Beschreibung „Versenkt den stärksten Seemann“. Ich war gespannt wie er und die Pommes sich vertrugen.

    Speis und Trank wurde uns sehr bald gereicht und während wir noch immer etwas verlegen an unseren Pommes knabberten, rekapitulierten wir die witzigsten Szenen aus Shrek. So erfuhr ich endlich, welchem Witz ich es zu verdanken hatte, dass mein Arm es nicht auf ihre Schulter geschafft hatte.

    „Mensch, wir haben uns ja schon lange nicht mehr gesehen. Was für ein Zufall. Toll siehst du aus“. Ein großer, blonder, schlanker, unverschämt gut aussehender junger Mann, steuerte direkt auf unseren Tisch zu, setzte sich ungefragt auf den Platz neben mir und redete weiter auf SIE ein. Seinen Ausführungen entnahm ich, dass er wohl Tom hieß und die beiden zusammen zur Schule gegangen sind.
    Tom war grade dabei eine hanebüchene Geschichte aus seinem Leben zu erzählen, wie er reichlich Geld verdient, viele Leben gerettet und ein Heilmittel gegen Aids entwickelt hatte, als er sich selbst unterbrach und sagte: „Ey, wir sind mit der ganzen Clique da, komm doch zu uns rüber“.

    Ich war mir nicht sicher, ob meine Wenigkeit in diese Einladung mit eingeschlossen war und ich fühlte mich ausgesprochen Unwohl in meiner Haut.
    SIE antwortet jedoch nicht etwas in der Art von „ja mal gucken, vielleicht später“, wie ich befürchtete, sondern entgegnete: „Würdest du uns bitte allein lassen“
    Die Art wie SIE diesen Satz betonte, ließ keinen Zweifel zu, dass er mit einem Ausrufezeichen endete und keinesfalls mit einem Fragezeichen.

    Hatte ich eigentlich schon erwähnt, wie anbetungswürdig ich SIE finde? Dass eine Frau, die so lächelt, gleichzeitig so viel herablassende Arroganz versprühen kann, nötigte mir allerhöchsten Respekt ab.

    Tom nahm seine Abfuhr erstaunlich locker. Offenbar war dies nicht Neues für ihn. Ich bekam einen kräftigen Schulterklopfer, nebst „mach‘s gut Kumpel und bleib senkrecht“ mit auf den Weg. Zum Abschied blinzelt er mir zu (der erste Blick, dessen er mich würdigte) und lachte eindeutig zweideutig.

    Das erste was SIE sagte, nachdem er gegangen war, war „Was für ein •••••••••“.

    Ist SIE real oder nur ein Traum? Diese Übereinstimmung in allen essentiellen Lebensfragen war ja schon beängstigend. Wir trinken beide lieber Cola als Selter und haben ähnliche Ansichten über Tom. Wenn SIE das mal nicht dazu qualifiziert, die Mutter meiner Kinder zu werden! Ist es zu schön um wahr zu sein, oder verbirgt SIE noch dunkle Geheimnisse? Wie ist eigentlich ihr Nachname?

  17. #17
    ROOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOFL

    Das iss ja soooo wunderbar, ich hab echt keine
    Ahnung, wie du es schaffst, dich so in
    Personen hineinzuversetzen, deine Texte sind
    Gold wert

  18. #18
    *lol* haha, einfach zum Brüllen...

    Wenn ich das so lese, bekomme ich fast Lust, zu schildern, wie es mir gestern im Kino ging, mit meiner Verabredung. ^^

    Dein "Mann" ist äußerst real, auch wenn er wenig auf mich zutrifft, so finde ich es doch einfach köstlich, wie ihrer offene Art ihn vollkommen verwirrt ^^.
    Glaubhaft geschildert, ich freue mich schon darauf, wie die Geschichte wohl enden wird.
    Happy End für den Lucky Loser hoffe ich doch ^^.

    mfg Ins@ne

  19. #19
    Zitat Zitat
    Original geschrieben von La Cipolla
    Meine Meinung wird sich wohl nie ändern.
    absolute Spitzenklasse.
    was soll man dazu noch sagen??
    ich sehs genau so.

  20. #20
    Ich bin ja zur Zeit seltener im Forum anzutreffen- aber deine Geschichte fesselt so sehr das du mich direkt dazu bewegen konntest mich hier festzupflanzen

    Mach nur weiter so Inarius,-[IoI]-Ins@ne, Medivh & all die anderen hier haben mir eigentlich schon alle Worte aus dem Mund genommen. Was besseres als "spitzenmässig" fällt mir nicht

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