Jeder hat es schon mal gehört. Der RPG-Maker hat Grenzen und manche davon existieren nicht nur im Kopf. Gerade jetzt, wenn über alternative Tools diskutiert wird, taucht immer wieder dieses Wort auf, das einen schon beim Hören das Gefühl gibt, dass man mit dem Maker nicht alles erreichen kann was man will. Natürlich sagt uns der Name RPG-Maker schon, dass das Tool eigentlich nicht dazu gedacht ist Action-Adventures oder Jump'n Runs zu entwickeln und so überrascht es nicht sehr, dass diese Genres auf dem Maker nur halbherzig umgesetzt werden können. Aber gilt das auch für Rollenspiele? Halten die ominösen Grenzen uns davon ab ein interessantes Spiel zu entwickeln?
Der Wunsch, die Grenzen des Makers zu sprengen, ist schon fast so alt wie der Maker selber und so dauerte es auch nicht lange, bis die ersten Patches verfügbar waren, von denen einige heutzutage wohl nahezu auf jedem Rechner zu finden sind - z.B. der europäische Zeichensatz oder Inelukis Keypatch. Neuerdings wird sogar versucht Scriptsprachen in den Maker einzubinden um damit noch wundersamere Dinge zu vollbringen. Aber Halt! Konservativ und unbeweglich wie ich bin, lasse ich mich von den Versprechen der Prediger dieser Makerwunderheilung nicht ganz so leicht beeindrucken und werfe die Frage in den Raum, was mir denn die ganzen neuen Möglichkeiten bringen; als Spieler, nicht als Entwickler. Dem Spiel einen eigenen Stempel aufzudrücken ist ja schön und gut, aber ist das nicht nur bloße Fassade und spielerisch kommt dabei doch nichts neues heraus? Nehmen wir zwei beliebte Features, die immer wieder gerne genannt werden wenn es darum geht den Maker an die eigenen Bedürfnisse anzupassen: Das animierte Titelbild und das selbstgemachte Lade- und Speichermenü.
Auf dem ersten Blick zwei nette grafische Spielereien, aber beim zweiten Blick erkennt man doch einige kleine Häkchen. Der hollywoodreife Film des animierten Titelbildes muss leider meiner Ungeduld weichen, die mich dazu veranlasst ungefähr eine Sekunde nach Erscheinen des Bildes entweder Starten oder Laden anzuwählen (manchmal sogar Beenden, aber das sollte eher die Ausnahme sein). Das einzige was mich noch länger beim Titelbild verweilen lässt ist eine Reaktionsverzögerung des Cursors, wie man es bei Alone bemerkt, aber dadurch steigt in mir eher die Verärgerung unnötig warten zu müssen als die Begeisterung ob der schönen Animation - wobei man auch sagen muss, dass die Animation bei Alone sowieso nicht wirklich schön ist, aber das nur am Rande. Ähnlich ergeht es dem Custom-Lade- und Speichermenü, das, sei es auch grafisch noch so schön, einfach kein Bild aus dem Louvre ist.
Und diese Liste kann man unendlich fortsetzen. Individuell ja, nützlich nein. Was sind dann also wirklich die Grenzen des Makers und können diese Grenzen überhaupt durch Patches oder andere Tools aufgehoben werden? Natürlich findet man immer Funktionen, die sich mit dem RPG-Maker nicht umsetzen lassen und das Scripten mit dem Eventcode geht offensichtlicherweise nicht so flüssig von der Hand wie das Programmieren mit einer richtigen Programmiersprache, aber völlig frei von irgendeiner Einschränkung können wir sowieso nicht sein. Selbst wenn das Spiel komplett in C++ geschrieben wird, kann immer noch die fehlende Phantasie die Möglichkeiten einschränken. Und gegen diese Grenze helfen leider auch 100 Pictures, eine erhöhte Variablenzahl oder die Unterstützung vom Ombalomba-Musikformat nichts. Bevor man sich also Gedanken über das Brechen von Grenzen macht, sollte man sich erstmal fragen ob diese Grenzen überhaupt gebrochen werden müssen und inwiefern die Spiele davon profitieren würden.
Letztendlich klingen die neuen Möglichkeiten nämlich oft so wie diese beeindruckenden Features, die man manchmal in den Featurelisten vorfindet. Namentlich wären das z.B. das Hungerscript, wahlweise auch ein anderer stetig schwindender Wert, der keinen anderen Nutzen hat als eben zu schwinden oder ein alternierendes Abdunkeln und Aufhellen des Bildschirms - auch Tag- und Nachtwechsel genannt. So spektakulär wie diese beiden Features wirken auf mich in etwa auch die ganzen neuen Möglichkeiten, die mit exotisch klingenden Scriptsprachen oder anderen Authoring Tools ermöglicht werden sollen.
Ach ich hab schon viel zu viel geschrieben und meinem Selbstdarstellungsbedürfnis Genüge getan. Nun seid ihr dran.